Abschluss Felsausbruch der Maschinenkaverne im Kraftwerk Nant de Drance

Bern, 03.03.2014 - Rede von Bundesrätin Doris Leuthard, Le Châtelard, 3. März 2014

Mein grösster Respekt für diese gewaltige Leistung. Die Dimensionen der Kaverne sind überwältigend. Das Bundeshaus würde locker zwei Mal hinein passen.

Diese Kaverne hier zeigt, was es für die Gestaltung der Schweizer Zukunft braucht: Pioniere.

Schon immer waren es Pioniere, die die Schweiz vorangebracht haben, Leute die

  • neue Wege gehen, neue Ideen verfolgen
  • Risiken abwägen und übernehmen
  • Vorhaben tatkräftig zur Ausführung bringen und
  • sich mit den Bedenkenträgern arrangieren.

Nant de Drance zeigt, dass das heute noch möglich ist. Zusammen mit dem Kraftwerk Linth-Limmern werden die mit Abstand grössten Pumpspeicherkraftwerke auf Schweizer Boden gebaut. Diese beiden Werke halten auch einem Vergleich mit den grössten Werken in Deutschland und Österreich stand - etwa das im Bau befindliche Werk im Hochschwarzwald oder dem bestehenden Werk in Kärnten."

Nant de Drance macht Mut, dass man trotz der aktuell kritischen Lage auf dem Strommarkt investieren soll.  

Denn eines ist klar: langfristig braucht es in Europa Speichermöglichkeiten und Regelreserven für die wachsende volatile Produktion an erneuerbarer Energie. Auch wenn uns allen die Überkapazitäten an Strom im europäischen Markt, die tiefen Strompreise an der EU-Börse, die nach wie vor hohen und marktverzerrenden Subventionen in Deutschland und die tiefen CO2-Zertifikatspreise Sorgen bereiten: Wasserkraft und Speicherkraft hat Zukunft. Neue Geschäftsmodelle in einem anderen Umfeld zu entwickeln, ist nun die Herausforderung. Nutzen wir die Zeit dafür.

Zudem braucht es für den Ausgleich der regional stark unterschiedlichen Produktion, insbesondere durch die neu hinzukommenden Off-Shore-Windparks, neue Übertragungsleitungen. Nur so kann auch das vielbemühte Bild der Alpen als Batterie Europas Realität werden. Die Verfahren für neue Übertragungsleitungen sind nicht nur in der Schweiz lang und sorgen für viele öffentliche Diskussionen, hier braucht es wie in der Wasserkraft einen langen Atem. Das zeigt gerade hier die Planung der 380 kV-Leitung von Châtelard ins Rhonetal.

Aber ich bin überzeugt: Mit einer Konzessionsdauer von 80 Jahren, d.h. bis Ende des 21. Jahrhunderts wird Nant de Drance einige Marktzyklen durchfahren. Seine Aktionäre werden auch wieder auf der Sonnenseite stehen.

Energieproduktion und -übertragung funktionieren nur auf partnerschaftlicher Basis. Diese Partnerschaft ist eine Stärke im Schweizer Strommarkt, ist es doch durch sie erst möglich, grosse Werke zu bauen und Risiken zu verteilen. So repräsentieren die vier Aktionäre der Nant de Drance jeweils ganz eigene Aspekte der Stromversorgung, zum einen die beiden Gründungsmitglieder Alpiq und SBB,

  • von denen Alpiq als international ausgerichteter Stromhändler und -produzent, gewiss auch mit Versorgungsauftrag der eigenen Aktionäre, operiert,
  • während für die SBB Nant de Drance ein wichtiges Werkzeug zum Abfahren der Belastungsspitzen im öffentlichen Verkehr ist. Mit ihrem Leistungsanteil am Kraftwerk kann die SBB 50 ihrer roten Vielzwecklokomotiven betreiben.
  • Mit der Forces Motrices Valaisannes ist Nant de Drance auch kantonal gut abgestützt und
  • die Industriewerke Basel können mit dieser Beteiligung ihren Weg zum voll erneuerbar ausgerichteten Stromversorger weiter ausbauen.

Nant de Drance kann sich als ein vielseitiges und modernes Werkzeug etablieren. Das ist eine besondere Stärke. Zwar trifft auch Nant de Drance die aktuelle Diskussion um Gestehungskosten. Doch so einfach ist ein Pumpspeicherkraftwerk nicht. Sie können ja sogar Geld verdienen, wenn z.B. negative Marktpreise bestehen.

Und es bieten sich noch weitere Chancen, die in dem Ausmass nicht bekannt waren, als sie das Projekt auf den Weg brachten. Die Ausgestaltung des Regelenergiemarktes erfolgte erst nachher.

Mit diesem Werk werden Sie über eines der modernsten europäischen Stromwerkzeuge verfügen.

Ich spreche hier bewusst von Europa, denn dieses Kraftwerk zeigt in vielfacher Hinsicht unsere Verbundenheit mit Europa. Natürlich kann man Nant de Drance als Teil der nationalen Energiestrategie 2050 sehen. Dies aber nur vor dem Hintergrund, dass wir nicht mehr selbst allen Strom erzeugen können und dies ökonomisch auch keinen Sinn macht. Wir haben nicht genügend eigene Produktion um diese Batterie zu laden. In Zukunft werden insbesondere erneuerbare Energiequellen aus dem Ausland, deren Energie wir hier einlagern und deren Ausschläge wir regulieren können, massgebend sein.

Insofern kann ich Ihre Sorgen nach dem 9.2. teilen. Sie wissen, wie sehr mir ein Stromabkommen mit der EU am Herzen liegt. Daher arbeitet der Bundesrat an einer Normalisierung der Situation innert der 3 Jahre, die wir jetzt Zeit haben:

  • Wir müssen den Zugang zum europäischen Markt sichern. Ab 2015 ist der europäischen Energiemarkt Realität und die Schweiz wäre danach ein Drittland.
  • Rein technisch könnten wir auch ohne Marktöffnung und ohne Stromabkommen weitermachen, allerdings zu einem hohen Preis: Eine Teilnahme der Schweiz am europäischen Energiemarkt, an Handel, Abgeltung der Netznutzung etc. wäre auf einer Ad-hoc Basis nicht mehr möglich. Der Marktzugang wäre klar schwerer, er wäre teurer und die technische Abwicklung komplizierter, was wiederum Kosten auslöst. Die Grosskunden würden gegenüber heute benachteiligt, weil der Markt nicht mehr offen ist.
  • Heute spielen wir im grenzüberschreitenden Geschäft eine Rolle. Gerade auch im Winter tragen wir zur Versorgungssicherheit besonders von Italien und Deutschland mit der Netzstabilität bei. Dafür wollen wir ein faires Entgelt. Dazu braucht es Abmachungen.
  • Mit einem Abkommen können wir von den heutigen Überkapazitäten in der EU und den tiefen Börsenpreisen profitieren und so auch die Investitionen im eigenen Land besser bezahlen und austarieren. Mit der Wasserkraft haben wir ein Asset - ebenso mit der Netzsituation.

Der Zugang zum europäischen Markt ist für die Schweiz unerlässlich und muss zu akzeptablen Konditionen gewährleistet sein. Dazu gehört aber auch die vollständige Marktöffnung innerhalb der Schweiz. Ich werde dem Bundesrat im Sommer diesen zweiten Schritt vorlegen.

Nant de Drance zeigt nicht nur wie wichtig es ist, eine Lösung für einen diskriminierungsfreien Marktzugang zu finden, sondern auch die nach dem 9.2. neu entstandene Baustelle im Bereich ausländischer Beschäftigter konstruktiv anzugehen. Auch hier wird ein grosser Teil der Arbeit von Arbeitskräften aus den unterschiedlichsten Ländern geleistet. Ohne deren Fachwissen könnte dieses technische Meisterwerk nicht entstehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Natur hat unser Land beschenkt mit der Ressource Wasser und Studien zeigen, dass dies auch mit dem Klimawandel für die nächsten Jahrzehnte so bleiben dürfte. Die Natur bietet dabei in jedem Tal andere Voraussetzungen an die jedes Projekt spezifisch angepasst werden muss. Viele Interessen gruppieren sich um einen möglichen Standort und es ist oft ein langer Weg eine Lösung unter Berücksichtigung der divergierenden Interessen zu finden. Gerade im Hinblick auf die Energiestrategie 2050 ist es wichtig für die noch machbaren Projekte zur Nutzung der Wasserkraft ein gemeinsames Vorgehen zu finden. Bei Nant de Drance hat man den gemeinsamen Nenner gefunden. Dank der lokalen Akzeptanz. Dank integrierenden Gesprächen. Dafür möchte ich allen Beteiligten danken. Das ist gut-schweizerisches Vorgehen.

Neben den Gemeinden möchte ich auch den Energiekanton Wallis hervorheben. Er hat die Bewilligungsverfahren intensiv begleitet und sich selbst an Nant de Drance beteiligt.

Wir feiern heute den Abschluss der Arbeiten an der Maschinenkaverne. Viel Arbeit ist schon geleistet worden. Doch ist jetzt erst Halbzeit. Die Staumauer muss noch fertig gebaut werden. Jetzt starten die Installationsarbeiten. Diese werden Ihnen noch Einiges an Koordinationsbedarf abverlangen, den Sie hoffentlich so souverän lösen, wie die bisherige Umsetzung. Der heutige Abschluss ist somit auch ein Neubeginn auf der Baustelle und eine Verpflichtung, das bisher geleistete erfolgreich zu einem Ende zu bringen.

Ich danke Ihnen allen für den grossen Einsatz den Sie bereits geleistet haben und den Sie noch leisten werden für die Zukunft des Wasserlandes Schweiz.


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