Bundesrätin Leuthard: «Digitalisierung beim Service public mit Umsicht einsetzen»

Bern, 26.10.2018 - Die Digitalisierung kreativ nutzen, ohne dabei die Grundversorgung zu vernachlässigen: Dies ist für Bundesrätin Doris Leuthard die grösste Herausforderung für den Service public der Zukunft. Am diesjährigen Infrastrukturtag des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) in Brugg (AG) rief Leuthard sowohl die Post, die SBB und die Swisscom als auch die Politik dazu auf, die Digitalisierung umsichtig und verantwortungsvoll anzuwenden.

Mails statt Briefe, Zahlungen per Mausklick statt mit dem gelben Büchlein, eine SMS anstelle eines Telefonanrufs, das SBB-Billett online kaufen statt am Bahnschalter: Die Digitalisierung verändert die klassischen Dienstleistungen des Service public von Grund auf. Wie soll der Staat als Garant der Grundversorgung mit dieser Entwicklung umgehen? Der Bund werde in der zunehmend digitalen Welt immer mehr die Aufgabe haben, die Anwendungen neuer Technologien zu ermöglichen, sagte Bundesrätin Doris Leuthard zu Beginn der Tagung unter dem Titel „Service public im Zeitalter der Digitalisierung – zwischen Erwartungen, Kundenverhalten und Kosten“. Der Bundesrat erwarte von Post, SBB und Swisscom, dass sie ihren Spielraum als Unternehmen vorausschauend nutzen und dabei den Kern der Grundversorgung unverändert pflegen. «Pünktlich fahrende Züge und eine zuverlässige Post sollen auch in Zukunft das Fundament für den Service public bilden», sagte die UVEK-Vorsteherin. Gleichzeitig appellierte sie an die Politik, diese müsse ihre Skepsis gegenüber der Digitalisierung ablegen. Mit mehr Regulierung lasse sich der Strukturwandel nicht aufhalten. Gefragt sei ein verantwortungsvolles Vorgehen mit Bedacht. Im Zentrum müsse jener Service public stehen, welcher den Menschen am besten diene.

Neue Bedürfnisse und Leistungen bei der Mobilität

Peter Füglistaler, Direktor des Bundesamts für Verkehr, und Michael Stämpfli, Stabschef im Bundesamt für Kommunikation, betonten, dass der flächendeckende und gute Service public auch in Zukunft ein Markenzeichen der Schweiz bleiben werde. Wie Stämpfli unterstrich, wird der Wandel, welcher mit der Digitalisierung einhergeht, indes zu neuen Bedürfnissen beim Service public führen, zugleich aber auch neue technologische Formen der Leistungserbringung hervorbringen. Direktor Füglistaler veranschaulichte dies am Beispiel der multimodalen Mobilitätsdienstleistungen und dem Potenzial der 5G-Technologie im Bahnverkehr.


Dänemark: e-government führte zu tiefgreifenden Veränderungen bei der Post

Für die Aussensicht besorgt war Jesper Buhl, Head of International relations bei PostNord Denmark. Bei der Digitalisierung gilt Dänemark als Vorreiter. So erfolgt die Korrespondenz zwischen den staatlichen Behörden und den Bürgerinnen und Bürger seit November 2014 ausschliesslich auf dem elektronischen Weg. Danach nahm die Menge an Briefen jedes Jahr um 12 bis 20 Prozent ab. Die dänische Post reagierte mit drastischen Massnahmen auf diese Entwicklung: Eigenständige Poststellen gibt es nicht mehr, sie wurden integriert in Supermärkte oder Buchhandlungen; die Zahl öffentlicher Briefkästen wurde nahezu halbiert, die Portopreise stiegen. Der Staat lockerte zudem die Vorgaben für die Grundversorgung, die Kundenzufriedenheit sank. Mit der Ausbreitung des Online-Handels wuchsen hingegen die Transporte von Paketen. PostNord Denmark werde daher derzeit umgewandelt: «Von einem Unternehmen mit Briefen und einigen Paketen – hin zu einem Unternehmen mit Paketen und einigen Briefen», wie Buhl ausführte. Zeitungen und unadressierte Sendungen werden nicht mehr transportiert. Dieses Geschäftsmodell funktioniere. Ob es auch für die Schweiz taugt, liess Buhl offen.

«Aus weniger mehr machen – und dies besser und schneller»

Andreas Meyer, CEO der SBB, skizzierte die Herausforderungen für die bundesnahen Unternehmen wie folgt: «Die Digitalisierung ermöglicht es, mit weniger mehr und dies besser und schneller zu machen. Dies schafft gewaltige Potenziale für unsere Kunden und unsere Volkswirtschaft. Wir müssen uns sputen, damit wir den Anschluss nicht verpassen und gleichzeitig Fingerspitzengefühl haben für die Anliegen der Menschen in unserem Land.»

Auf dem Podium diskutierten Nationalrat Fathi Derder (FDP, VD), Nationalrätin Edith Graf-Litscher (SP, TG), Präsidentin der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen, Claudia Pletscher, Leiterin Entwicklung und Innovation bei der Post, Urs Schaeppi, CEO der Swisscom, sowie Peter Grünenfelder, Direktor Avenir Suisse. Der Veranstaltung wohnten rund 250 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Politik sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger bei. 

Die UVEK-Infrastrukturtage auf einen Blick
Der Infrastrukturtag wurde 2012 von Bundesrätin Doris Leuthard ins Leben gerufen. Seitdem richtete das UVEK mit dieser jährlichen Tagung sieben Mal den Fokus auf einen bestimmten Bereich der Infrastruktur. Mit dem Rücktritt von Bundesrätin Leuthard endet auch ihre Schirmherrschaft für diese Veranstaltungsreihe, die vom Lehrstuhl «Management of Network Industries» der EPFL Lausanne mitorganisiert wurde. 
Übersicht der Themen
2012: Verkehrsverlagerung – quo vadis?
2013: Energieeffizienz
2014: Mobility Pricing
2015: Wie digital ist die Schweiz unterwegs?
2016: Data Policy
2017: Strommarktdesign – die Herausforderungen
2018: Service public im Zeitalter der Digitalisierung


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Harald Hammel, Presse- und Informationsdienst UVEK, Tel. 079 444 68 13



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