Gemeinsamer Einsatz für eine starke UNO – ein Gewinn für uns alle

Bern, 19.09.2017 - Rede von Bundespräsidentin Doris Leuthard anlässlich der hochrangigen Woche der 72. Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York, 19. September 2017

Es gilt das gesprochene Wort! 

Sehr geehrter Herr Präsident der Generalversammlung

Sehr geehrter Herr Generalsekretär

Sehr geehrte Damen und Herren Staats- und Regierungspräsidentinnen und -präsidenten

Sehr geehrte Exzellenzen

Sehr geehrte Damen und Herren

Ja, die Menschheit hat im Kampf gegen Kernübel wie Hunger, extreme Armut und Bildungsferne seit dem Jahr 2000 beachtliche Fortschritte erzielt. Dennoch hungern auch heute noch 795 Millionen Menschen, und alle zehn Sekunden stirbt ein Kind an den Folgen von Mangel- und Unterernährung. Dazu kommen weitere Herausforderungen: Klimawandel, globale Ungleichheit, Konflikte und humanitäre Katastrophen, aber auch Flucht und Migration.

Kein Land, kein Akteur ist alleine in der Lage, Antworten auf die Herausforderungen der Gegenwart zu finden. Sie sind zu gross. Sie sind inhaltlich zu komplex. Sie machen nicht an Grenzen halt. Und sie betreffen die ganze Staatengemeinschaft.

Wir brauchen deshalb ein Forum, in dem wir uns treffen können. Wir brauchen ein Forum, in dem wir Lösungen entwickeln und deren Umsetzung verfolgen können. Wir brauchen einen Akteur, der über die nötige Legitimität verfügt, um im Feld zur Umsetzung der Lösungen beizutragen.

Anders gesagt: Wir brauchen die UNO, und wir brauchen eine starke UNO. Dass wir in einer Zeit leben, in der dies neuerlich betont werden muss, ist ein Warnzeichen! Um die Handlungsfähigkeit der UNO zu erhalten und zu stärken, braucht es laufend Investitionen. Die Schweiz setzt sich aktiv dafür ein.

An erster Stelle stehen Investitionen in Inhalte. Es ist wichtig, dass wir die UNO auf jene Themen ausrichten, die aktuell und in Zukunft von hoher Relevanz sind. Die Mitgliedsstaaten der UNO haben diesbezüglich in den letzten Jahren wichtige Weichen gestellt. Ich denke dabei an die Agenda 2030, das Klimaabkommen von Paris oder die angestrebte Verlagerung der Ressourcen von der Nachbereitung von Konflikten hin zu mehr Prävention („Sustaining Peace“).

In diesen Bereichen gilt es, die Umsetzung voranzutreiben. Die Agenda 2030 ist ein gutes Beispiel dafür. Ihr Erfolg wird an der Realisierung gemessen werden.

UNO-intern wurden ebenfalls wichtige Schritte unternommen. Die Schweiz begrüsst insbesondere, dass Generalsekretär Antonio Guterres Reformen des UNO-Systems in den drei Bereichen Frieden und Sicherheit, Entwicklung und Management vorantreibt.

Im Bereich Frieden und Sicherheit unterstützt die Schweiz den Fokus des Generalsekretärs auf Prävention. Der Grund dafür ist einfach: Der Preis eines Konfliktes ist um ein Vielfaches höher als es die Kosten für dessen Vorbeugung sind – in humanitärer, wirtschaftlicher und finanzieller Sicht.

Für eine Stärkung der Prävention sind die Menschenrechte zentral. Die Schweiz fordert daher alle Staaten auf, den Appell vom 13. Juni zu unterstützen. Dieser fordert eine stärkere Berücksichtigung der Menschenrechte in der Konfliktprävention. Auch eine Stärkung der Mediationskapazitäten ist ein wichtiger Beitrag an die Konfliktprävention. Gestern hat ausserdem das von der Schweiz initiierte hochrangige Panel zu Wasser und Frieden hier in New York Massnahmen vorgeschlagen, wie Konflikten um Wasser besser vorgebeugt werden kann. Diesbezüglich können die UNO und Regionalorganisationen wichtige Beiträge leisten.

Die Schweiz setzt sich aktiv für die Nichtverbreitung und die vollständige Beseitigung von Kernwaffen ein, deren Einsatz katastrophale humanitäre Auswirkungen hätte. Sie ist überzeugt, dass eine Lösung für die nukleare und sicherheitspolitische Problematik auf der koreanischen Halbinsel nur durch Verhandlungen und einen diplomatischen Prozess gefunden werden kann.

Vertrauen ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Damit ein Akteur erfolgreich Prävention betreiben kann, braucht er das Vertrauen der Menschen. Für die UNO heisst dies, dass eine gute Partnerschaft mit dem jeweiligen Gaststaat und dessen Bevölkerung von zentraler Bedeutung ist. Sexuelle Ausbeutung und sexueller Missbrauch zerstören dieses Vertrauen. Die Schweiz unterstützt darum das Engagement des Generalsekretärs gegen jede Form von sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch durch Mitarbeitende der UNO im Feld. Als Teil ihres Engagements wird sie deshalb auch einem Betrag zum UNO Fonds zur Unterstützung der Opfer sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs leisten.

Im Bereich des Entwicklungssystems begrüssen wir das Ansinnen, vermehrt gemeinsame Initiativen der verschiedenen UNO-Organisationen zu fördern.

Lassen Sie mich beispielhaft auf zwei Bereiche eingehen, in denen wir mit grossen Herausforderungen konfrontiert sind: Migration und Digitalisierung.

Ende 2016 waren so viele Menschen auf der Flucht, wie seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr. Die Mehrheit davon sind Vertriebene in ihrem eigenen Land. In Europa etwa muss es uns gelingen, in Fragen der Migration eine solidarische Lösung zwischen den Ländern zu erreichen, und in Libyen müssen wir die politische Situation stabilisieren.

Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass der Global Compact for Migration nicht nur die Herausforderungen, sondern auch die Chancen der Migration auf internationaler Ebene behandelt. Der Weg ist noch lang. Es wird die Bereitschaft aller Staaten brauchen. Wir freuen uns, dass wir durch die Co-Fazilitation des Global Compact for Migration durch unseren ständigen Vertreter in New York einen konkreten Beitrag zum guten Gelingen leisten können.

Die Digitalisierung verändert unsere Welt rasant. Sie ist eine grosse Chance. Gleichzeitig ist sie eine Herausforderung mit grenzüberschreitendem Charakter. Themen wie der Zugang zum Internet für alle, der Einfluss der Digitalisierung auf die nachhaltige Entwicklung aber auch die Cyber-Sicherheit müssen gemeinsam angegangen werden. Das 12. Internet Governance Forum, welches die Schweiz als Gastgeberin im Dezember 2017 in Genf organisiert, wird Gelegenheit bieten, diese Themen zu diskutieren.

Um die Handlungsfähigkeit der UNO zu erhalten müssen wir auch in Prozesse investieren. Denn die UNO zeichnet sich nicht nur durch die Inhalte ihrer Arbeit aus, sondern auch durch ihre Arbeitsweise. Ein starkes UNO-System, das bedeutet auch ein effizientes und modernes UNO-System. Dazu sind Managementreformen nötig.

Besonders wichtig ist in unserer vernetzten Welt der Dialog. Dialog braucht Zeit und Engagement von allen Seiten.

Er muss breit geführt werden und alle relevanten Akteure einbeziehen. Beispielsweise zeigt der Klimaschutz, dass der politische Dialog unter den Staaten nicht ausreicht.

Extreme Wetterereignisse wie Hurrikane machen deutlich, dass das Pariser Klimaabkommen rasch umgesetzt werden muss. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Ereignisse dieser Art die neue Realität werden, wenn nicht gehandelt wird.

Der Privatsektor etwa baut, im Dialog mit Wissenschaft und Politik, an Lösungen mit und ist essentiell für Innovation, Fortschritt und Entwicklung. Wissenschaftsdiplomatie und ein Austausch mit der Wissenschaft erlauben es uns, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Als politische Verantwortungsträger müssen wir unsere Entscheidungen auf gesicherte Erkenntnisse stützen („evidence-based policy“).

Die Schweiz ist der festen Überzeugung, dass sich Investitionen in ein funktionierendes multilaterales System – und insbesondere in eine leistungsfähige UNO – lohnen. Angesichts der Herausforderungen aber auch der Vernetzung unserer Zeit ist „jeder für sich alleine“ keine Option.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


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