22. Swiss Global Change Day

Bern, 12.04.2022 - Rede von Bundesrätin Simonetta Sommaruga, 12. April 2022

Es gilt das gesprochene Wort

Geschätzte Vertreterinnen und Vertreter von Wissenschaft und Forschung

Es freut mich, heute hier sein zu dürfen.

Die Klimaerwärmung mag diese Tage weniger in den Schlagzeilen sein. Sie findet aber weiter statt. Und das Zeitfenster, das uns bleibt, um eine schlimme Störung des Klimasystems zu verhindern, schliesst sich zusehends.

Unser Ziel wäre es, die Erwärmung bei 1,5 Grad zu begrenzen. Nur eben: die Welt steuert aktuell auf eine Erwärmung um 3,2 Grad zu.

Die Situation ist aber nicht ausweglos. Die Verminderung der Treibhausgasemissionen auf ein klimaverträgliches Niveau ist technisch möglich. Und nicht nur das: Sie ist auch wirtschaftlich tragbar.

Die Kosten klimafreundlicher Technologien – insbesondere um die fossilen Energien zu ersetzen – sind markant gesunken. Ein wichtiger Teil der Lorbeeren dafür geht an SIE.

Die Schweiz ist stolz auf ihre exzellenten Wissenschaftler und Forscherinnen. Sie treiben Innovation voran und verhelfen neuen Technologien zum Durchbruch. Spin-offs der ETH sind weltweit führend und leisten zum Beispiel bei Negativemissionstechnologien Pionierarbeit.

Abhängigkeiten reduzieren

Bei allem technischen Fortschritt: Der Wandel hin zu einer klimafreundlichen Gesellschaft kann nur gelingen, wenn wir die Menschen mitnehmen. Das zeigt auch der neuste IPCC-Bericht.

Darum war es mir ein Anliegen, in der People Centred Commission der Internationalen Energieagentur mitzuwirken und Vorschläge zuhanden der COP26 in Glasgow auszuarbeiten.

Nun, Sie wissen, dass in Glasgow nicht alles lief, wie ich es gerne gehabt hätte. Doch wir müssen nach vorn schauen.

Klimapolitik, das erleben wir mit dem Ukraine-Krieg gerade schmerzlich, ist auch Geopolitik. Der Krieg macht deutlich, dass wir uns aus unserer Abhängigkeit von Oel und Erdgas lösen müssen. Und wir können uns davon lösen.

Das zeigt die langfristige Klimastrategie des Bundesrates vom Januar letzten Jahres. 90% der Emissionen lassen sich mit bekannten und erprobten Lösungen vermeiden.

Ich sage seit meinem ersten Arbeitstag im UVEK, dass wir mehr einheimischen Strom brauchen. Jetzt ist der Moment, um einen grossen Schritt vorwärts zu machen.

Wir haben das Geld, rund 12 Milliarden für die nächsten Jahre. Und wir haben in den zentralen Punkten einen politischen Konsens: Wir müssen unabhängiger werden vom ausländischen Öl und Gas.

Im letzten Juni hat die Bevölkerung das CO2-Gesetz abgelehnt. Jetzt baut sie Solarenergie zu wie noch nie, und sie lässt Pellet-Heizungen und Wärmepumpen in Rekordzahlen installieren. Das ist erfreulich.

Der Bundesrat will diesen Schwung aufrechterhalten, unter anderem mit dem neuen CO2-Gesetz. Mit dem Gesetz wollen wir es der Bevölkerung ermöglichen, im Alltag klimaverträglich zu leben. Darum verstärken wir insbesondere die Unterstützung beim Heizungsersatz, sodass bis 2030 gut 4 Milliarden zur Verfügung stehen.

Der Bundesrat will zudem in die Dekarbonierung im öV, in Nachtzüge oder in die Lade-Infrastruktur für E-Autos investieren. Deshalb will ich bei der Vorlage rasch vorwärtsmachen.

Neue Lösungen

Ganz CO2-frei können wir aber nie werden. Bestimmte Emissionen, zum Beispiel aus der Landwirtschaft oder im Industriebereich, lassen sich nicht vermeiden.

Für das Netto-Null-Ziel bis 2050 müssen diese mit Negativemissionstechnologien ausgeglichen werden. Hier haben wir noch grossen Forschungsbedarf.

Noch ist zu wenig bekannt über die Auswirkungen auf den Energiebedarf und weitere Umweltaspekte. Zudem braucht es neue Anlagen und Infrastruktur, um CO2 zu transportieren und sicher zu versorgen.

Eine internationale Kooperation ist hier zentral. Darum habe ich vor wenigen Wochen mit den Niederlanden ein Memorandum of Understanding unterzeichnet.

Geschätzte Anwesende

Auf den ersten Januar 2022 haben wir die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Politik verstärkt. Auf diesen Termin hin hat ProClim ein Mandat angetreten.

Ich habe ProClim bereits getroffen und ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit der neuen Präsidentin Karin Ingold und ihren Kolleginnen und Kollegen.

ProClim kann auf ein breites Netzwerk an Wissenschaftlerinnen und Forschern aus verschiedenen Bereichen zurückgreifen. Das ist entscheidend. In der Klimapolitik braucht es mehrere Blickwinkel.

Es gibt viele Fragen zu klären, von den Speicherlösungen über die Negativemissionstechnologien bis hin zur Frage, welche Klimapolitik die Bevölkerung mitträgt.

Offenkundig ist, dass wir jetzt in einer entscheidenden Phase sind. Die Bevölkerung erwartet Lösungen, wie wir schrittweise wegkommen vom Öl und Gas.

Da sind Politik und Wissenschaft gefragt.

Ihnen danke ich für Ihre Engagement und überbringe Ihnen im Namen des Bundesrats die besten Wünsche.

 


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