Gemeinsames Treffen der Stadt- und Gemeindepräsidentinnen der Schweiz
Bern, 11.06.2022 - Rede von Bundesrätin Simonetta Sommaruga
Es gilt das gesprochene Wort
Liebe Stadt- und Gemeindepräsidentinnen
Chères présidentes de communes et de villes
Care sindache di comuni e città
Stimadas presidentas da las citads e presidentas communalas
Sehr geehrter Herr Küng – Rektor des Gymnasiums Neufeld und unser Gastgeber
Endlich! Endlich darf ich Sie zum ersten nationalen Stadt- und Gemeindepräsidentinnen-Treffen begrüssen! Eigentlich wollten wir uns ja vor zwei Jahren treffen, am internationalen Tag der Frau.
Dann kam Corona. Die erste Verschiebung, die zweite Verschiebung … Aber ich wusste: Wir bleiben dran, wir holen das nach! Und jetzt sind wir hier.
Nous y sommes arrivées. Nous voici réunies. Au fonds je le savais - parce que nous ne sommes pas du genre à baisser les bras!
Sie füllen eine ganze Aula: Präsidentinnen aus grossen und kleinen Gemeinden. Vom Land und von der Stadt. Aus allen Kantonen. Aus allen Ecken der Schweiz. Deutschsprachig, de langue française, di lingua italiana, representantas da la Svizra rumantscha. Ich sehe ganz junge Frauen, aber auch Pensionierte. Frauen aus allen Parteien. So verschieden!
Aber eines ist Ihnen allen gemeinsam: Sie sind die Chefin. Ma una cosa è comune a tutte voi: siete il capo. Voi plasmate e dirigete concretamente la vita quotidiana degli abitanti delle vostre città e dei vostri Comuni. Avete cura delle persone, siete circondate ogni giorno da molte persone – ma, nonostante questo: a volte, come capo, siete sole.
Sie kümmern sich um die Menschen. Sie sind oft mit Menschen zusammen – und trotzdem: Manchmal ist man als Chefin auch allein.
Als Chefin muss man Entscheide fällen, die schwierig sind. Es muss schnell gehen, man muss die Konsequenzen tragen. Manchmal ziehen sich die andern zurück, wenn es unangenehm wird. Das ist nicht einfach.
C’est pour cela que nous nous retrouvons aujourd’hui. Pour échanger. Pour apprendre les unes des autres. Comment jouer son rôle au mieux? Quelles idées pour que la population de nos communes se sente comprise, pour que règne l’égalité de traitement, le respect mutuel et le respect de l’environnement ? Comment contribuer au bien-être des gens et même, osons rêver, à leur bonheur ?
Sie können das beeinflussen. Sie, liebe Frauen, Sie haben Macht.
Macht haben ist manchmal schön; manchmal ganz schön anstrengend, und manchmal belastend; vor allem wenn man Macht so versteht, dass sie auch Verantwortung bedeutet.
Ich war vor vielen Jahren Gemeinderätin in einer Berner Vorortsgemeinde. Dort hat man mir als Neue die Feuerwehr gegeben. Es hat sich niemand darum gerissen. Aber ich habe sofort gemerkt: Die Feuerwehr ist ganz wichtig. Sie zeigt: Man darf nicht warten, bis es brennt. Man muss üben, man muss vorausschauen. Und noch etwas: es braucht Führung und Teamgeist, beides zusammen ist möglich.
Das ist für mich letztlich das, was gute Politik ausmacht. Und ich glaube, genau darin sind wir Frauen stark. Wir wollen vorausschauen, auch an die nächste Generation denken und vorsorgen, nicht warten, bis etwas passiert.
Meine Arbeit im Gemeinderat war für mich politisch die wohl lehrreichste Zeit!
Heute werden 16 Prozent aller Gemeinden in der Schweiz von Frauen geleitet. Ich erlaube mir die Frage: Wie sähe die Schweiz aus, wenn 84 Prozent der Gemeinden von Frauen geleitet würden?
Vielleicht finden wir heute eine Antwort darauf? Zumindest eine Antwort, was wir tun können, damit es in Zukunft wenigstens etwas mehr als 16 Prozent sind.
Ich bin glücklich darüber, dass wir heute hier im Gymnasium Neufeld sind.
Die Schule passt zu uns: Sie ist ein Melting Pot mit Schülerinnen und Schülern aus der Stadt, vom Land, aus den Agglomerationsgemeinden, viele verschiedene Fachrichtungen.
Ich danke dem Gymnasium Neufeld dafür, dass es auch uns mit offenen Armen aufnimmt.
Und jetzt freue ich mich auf die Zeit mit Ihnen!
Wunderbar, dass Sie hier sind!
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