Bundesrätin Simonetta Sommaruga zu ihrem Rücktritt

Bern, 02.11.2022 - Medienkonferenz Bern, 02.11.2022

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Vizekanzler

Sehr geehrte Damen und Herren

Ich habe heute Vormittag die Nationalratspräsidentin sowie meine Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat über meinen Rücktritt als Bundesrätin per Ende 2022 informiert.

Der Entscheid kommt etwas abrupt, auch für mich – und er kommt früher als vorgesehen. Mein Entscheid erfolgt aus persönlichen Gründen.

Vorletzte Woche hatte mein Mann einen Schlaganfall. Das war ein Schock für uns beide.

Erfreulich ist, dass er sich den Umständen entsprechend gut erholt. Er ist in guten Händen und wird von Pflegenden und Ärzteschaft sehr gut begleitet.

Aber ein solches Ereignis ist ein Einschnitt. Ein Einschnitt, der plötzlich und unerwartet kommt, und der einen nachdenklich stimmt. Es ist ein Einschnitt, nach dem ich nicht einfach gleich weitermachen kann wie bisher.

Ich habe in den letzten 12 Jahren ein Leben geführt, in dem das Amt als Bundesrätin immer oberste Priorität hatte. Ich habe diese Intensität, diese permanente zeitliche und innere Präsenz gelebt, weil es das aus meiner Sicht braucht in diesem Amt.

Das Amt als Bundesrätin verlangt den vollen Einsatz.

Ich habe ihn gerne geleistet: mit voller Kraft, mit Freude und mit Leidenschaft.

Ich bin gern Bundesrätin – bis am Schluss.

La fonction de conseillère fédérale exige un engagement total et de tout instant. J’ai exercé cette fonction de toutes mes forces: avec détermination, avec joie et avec passion.

Je suis heureuse d’être conseillère fédérale – e je le resterai jusqu’ au bout.

La funzione di consigliera federale richiede il massimo impegno. Ho svolto il mio lavoro con grande perseveranza, gioia e passione.

Sono contenta di essere consigliera federale – e lo rimango fino alla fine.

Der Einschnitt, den wir vor zehn Tagen erlebt haben, hat mir nun aber deutlich gemacht, dass ich nach diesen 12 Jahren im Bundesrat die Schwerpunkte in meinem Leben anders setzen will.

Deshalb trete ich als Bundesrätin per Ende dieses Jahres zurück.

Ich bin dankbar für diese 12 Jahre. Ich habe in dieser Zeit mit ganz vielen Menschen, mit Verbänden, Parteien und Organisationen hervorragend zusammengearbeitet. Es war mir stets wichtig, die verschiedenen Kräfte frühzeitig einzubeziehen. Alle sollen sich einbringen; für die konkreten Lösungen müssen dann alle aber auch einen Schritt aufeinander zugehen.

Das ist gerade auch am Runden Tisch Wasserkraft gelungen, wo ich mich mit Kantonen, Branche und Umweltorganisationen auf 15 konkrete Stausee-Projekte verständigt habe. Und der Ständerat hat diese nun im Gesetz abgesichert.

So findet man in unserem Land Lösungen. Davon bin ich zutiefst überzeugt.

Wenn man wie ich aus der Minderheit heraus politisiert, muss man sich immer wieder zurücknehmen. Es hat mich jeweils gefreut, wenn sich Andere für Lösungen eingesetzt haben, die ich mit ihnen vorgespurt habe.

So habe ich die grosse Asylreform mit der Beschleunigung der Asylverfahren aufgegleist oder jetzt den Mantelerlass für mehr einheimische Energien.

Manchmal ist es in diesen zwölf Jahren aber auch vorgekommen, dass fast niemand sonst hingestanden ist. Beim Rettungsschirm war das so, bei der Lohngleichheit oder bei den Frauenquoten für die grossen Firmen. Ich habe die Projekte trotzdem durchgezogen, und ich bin im Rückblick froh darüber. Sie sind wichtig für die Bevölkerung.

Durchgezogen habe ich auch die Modernisierung des Zivil- und Familienrechts. Ich habe dies nicht in einem grossen Wurf gemacht, sondern in mehreren Etappen. Das hat sich bewährt. Für grössere Veränderungen braucht es gerade in der Schweiz oft viele kleinere Schritte.

Während meiner Zeit im EJPD haben wir uns auch der Vergangenheit gestellt. Das war mir ein besonderes Anliegen. Endlich haben wir hingeschaut, was in diesem Land den Verdingkindern angetan worden ist. Ich habe mich bei ihnen im Namen des Bundesrates entschuldigt, und wir haben die Aufarbeitung an die Hand genommen.

Meine Zeit im UVEK war von Anfang an geprägt vom Ziel, die Versorgungssicherheit mit einheimischen Energien in unserem Land zu stärken.

Mit dem Mantelerlass werden wir den notwendigen Ausbau an einheimischen Energien mittel- und längerfristig sicherstellen. Deshalb freut es mich, dass der Ständerat dieses Gesetz in der letzten Session ohne Gegenstimme verabschiedet hat.

Kurzfristig für den kommenden Winter, hat der Bundesrat früh und rasch gehandelt. Er hat zusätzliche Reserven beschafft und Sicherheiten aufgebaut. Die neusten Berechnungen stimmen mich zuversichtlich, dass die Schweiz gut durch den Winter kommt. Wir haben für den Notfall vorgesorgt.

In den zwölf Jahren im Bundesrat war ich zweimal Bundespräsidentin.

Vieles ist mir aus diesen beiden Jahren geblieben. Den Präsidialbesuch in die Ukraine und in den Donbass werde ich nie vergessen.

Ich erinnere mich aber auch gern an den 1. August auf dem Rütli, an das Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern aus der ganzen Schweiz, die sich während der Corona-Zeit für andere Menschen und für die Gesellschaft engagiert und sich solidarisch gezeigt haben.

Rücksicht nehmen auf jene, die es weniger gut haben, und Lösungen finden, die für viele „verheben“, dafür habe ich mich mein ganzes politisches Leben eingesetzt. Das ist mein innerer, mein politischer Kompass.

Mir bleibt zu danken: all jenen, die mich in diesen 12 Jahren begleitet haben. Ganz besonders danke ich meinem Mann, unseren Familien, Freundinnen und Freunden und meinen politischen Weggefährtinnen und -gefährten, die mich in all diesen Jahren unterstützt haben. 

Ich möchte mich auch bedanken für das Vertrauen, das mir in all diesen Jahren als Bundesrätin entgegengebracht wurde: von der Bevölkerung, von den Mitgliedern der eidgenössischen Räte, von meinen Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat und ganz besonders von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Es war mir eine Freude und eine Ehre, mein Amt als Mitglied der Landesregierung auszuüben. Ich habe es gerne gemacht.

Danke.


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