(Es gilt das gesprochene Wort)

Liebe Frauen

Als meine Mutter das erste Mal abstimmen durfte, war ich so alt wie ihr beide, Lotta und Sophie.
Ich erinnere mich noch gut, wie stolz ich war, als sie zum ersten Mal ins Gemeindehaus hinein ging.

Liebe Rosmarie Zapfl
Dass das möglich war, haben wir dir und ganz vielen Menschen deiner Generation zu verdanken.
Ihr habt dafür gekämpft, dass unser Land endlich zu einer echten Demokratie wurde.
Dafür möchte ich – möchten wir alle – dir, liebe Rosmarie und all deinen Mitkämpferinnen von ganzem Herzen danken!

Ihr habt euch auch nach der Einführung des Frauenstimmrechts für uns Frauen engagiert.
Dafür zum Beispiel, dass Frauen nicht länger ihren Ehemann fragen müssen, bevor sie eine Arbeit annehmen dürfen.

Als die Frauen endlich dieses Recht erhielten, war ich 27 Jahre alt – also etwa so alt wie ihr, Francesca und Matilde.

Als ich so alt war wie Sie, liebe Frau Gemeindepräsidentin, gab es nach wie vor keinen Vaterschaftsurlaub. Die Väter hatten bei der Geburt ihres Kindes gerade mal 1 Tag frei. Den Vaterschaftsurlaub gibt es erst seit diesem Jahr, er dauert 2 Wochen.

Die Frauen haben in den letzten 50 Jahren in unserem Land viel verändert, und sie haben unsere Gesellschaft geprägt. Zusammen mit meiner Kollegin Viola Amherd und Kollegin Karin Keller-Sutter prägen wir Bundesrätinnen auch den Bundesrat.

Die Frauen waren auch immer wieder entscheidend bei Abstimmungen. Dank den Frauen wurde die Alpen-Initiative angenommen, und dank den Frauen hat die Schweiz den Atomausstieg beschlossen.
Wenn es um soziale und um Umweltfragen geht, sind die Frauen eben oft besonders fortschrittlich.

Heute sind wir auf dem Rütli zusammengekommen, weil wir Frauen das Land und unsere Gesellschaft auch weiterhin prägen wollen.

Wir brauchen keinen Rütlischwur. Wir haben genug Power – Frauenpower eben –, damit werden wir unser Land auch in den kommenden Jahren prägen und verändern.

Schön, dass ihr alle hier seid!

Bundesfeier auf dem Rütli – 1. August 2021