Der Verkehr wächst auch in Zukunft. Aufgrund gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Trends wie der Zunahme von Homeoffice, der weitergehenden Urbanisierung und der Alterung der Bevölkerung wächst der Verkehr indes weniger stark als die Bevölkerung. Dies zeigen die Verkehrsperspektiven 2050 des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation.

Die Grafik fasst wesentliche Ergebnisse der Verkehrsperspektiven 2050 zusammen. Wichtige Treiber für die Zunahme der Verkehrsleistung sind sowohl das Bevölkerungs- als auch das Wirtschaftswachstum. Die Bevölkerung wächst um 21 Prozent, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 57 Prozent. Im Vergleich zur Bevölkerung wächst der Personenverkehr unterproportional um nur 11 Prozent. Der Güterverkehr steigt um 31 Prozent. Besonders der Lieferwagenverkehr nimmt zu. Arbeitswege werden weniger, Freizeitwege mehr.
Verkehrsperspektiven 2050: Vier Szenarien
Die Verkehrsperspektiven 2050 bilden vier «Wenn-dann-Szenarien» ab, die aufzeigen, wie sich Personen- und Güterverkehr entwickeln könnten. Das Szenario «Basis» zeigt eine Entwicklung des Verkehrs auf, die sich an den Mobilitätszielen des Bundes orientiert. Die anderen drei Szenarien sind alternative Entwicklungspfade. Alle Szenarien basieren auf unterschiedlichen Annahmen. Etwa, wann die Politik Massnahmen zur Erreichung der Pariser Klimaziele ergreift, wie schnell sich umweltfreundliche Technologien etablieren und wie wichtig Besitz und Nachhaltigkeit jedem Einzelnen sind.
Dieses Szenario umfasst ein Set an verkehrspolitischen Massnahmen, die Nachhaltigkeit und ressourceneffiziente Mobilität begünstigen. Eine gesellschaftliche Bereitschaft zur Akzeptanz dieser Massnahmen ist die Voraussetzung für das Szenario «Basis».
Die zunehmende Verbreitung von E-Bikes in Verbindung mit dem Ausbau der Velo-Infrastruktur sorgt für eine höhere Velo-Nutzung. Im Vergleich zum öffentlichen Verkehr (ÖV) verteuert sich die Nutzung eines eigenen Autos. Die Arbeit im Homeoffice gehört zur Normalität, wodurch die Anzahl der Wege für Arbeits- und Geschäftsreisen stark sinkt. Gleichzeitig nehmen die Freizeitverkehre deutlich zu. Der Güterverkehr verlagert sich – gelenkt durch politische Instrumente wie die Schwerverkehrsabgabe LSVA – spürbar auf die Schiene. Der Schienengüterverkehr profitiert ausserdem von einer Bündelung des Warenaufkommens.
In diesem Szenario ist das Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Umwelt und dem sozialen Umfeld stark ausgeprägt. Den Menschen sind nachhaltige Dienstleistungen wichtiger als der Besitz von Dingen, die Bereitschaft zum Teilen ist gross. In Bezug auf die Raumentwicklung liegt der Akzent auf der Siedlungsentwicklung nach innen, das Leben im urbanen Raum wird attraktiver. Die Politik setzt Instrumente ein, welche die Nutzung eines eigenen Autos verteuern. Gleichzeitig gewinnt der öffentliche Verkehr preislich an Attraktivität. Ein Resultat dieser Annahmen ist gesamthaft weniger Verkehr als in den anderen Szenarien. Langfristig werden sich automatisierte Personen- und Güterfahrzeuge durchsetzen, etwa in Form von automatisierten ÖV-Angeboten in der Stadt oder On-Demand-Shuttlebussen auf dem Land. Fast alle Personenwagen sind elektrisch angetrieben. Der Güterverkehr wird über politische Instrumente wie die Schwerverkehrsabgabe LSVA deutlich auf die Schiene gelenkt.
Im Szenario «Individualisierte Gesellschaft» verwenden die einzelnen Verkehrsteilnehmenden die technologischen Entwicklungen primär für den privaten Nutzen. Der Besitz eines eigenen Autos ist eine Selbstverständlichkeit, wobei sich der Trend zu grösseren Fahrzeugen fortsetzt. Nachhaltigkeit ist zweitrangig und wird gelebt, solange umweltbewusstes Handeln nicht den eigenen Aktionsradius einschränkt und nicht viel kostet. Bei der Raumentwicklung geht der Trend eher in Richtung einer weiteren Zersiedlung. Neue Quartiere entwickeln sich weniger in städtischen, sondern vermehrt in ländlichen und intermediären Räumen. Der öffentliche Verkehr erhält weniger Subventionen, was die Kosten gegenüber den Personenwagen, deren Nutzungskosten tief bleiben, ansteigen lässt. Es gibt kaum Bedarf verschiedene Transportmittel zu kombinieren oder an Sharing-Angeboten. Der Güterverkehr auf Strasse und Schiene operiert mit tiefen Kosten. Der Onlinehandel nimmt gegenüber den anderen Szenarien stärker zu.
Beim Szenario «Weiter-Wie-Bisher» (WWB) handelt es sich um eine Fortführung des Heute. Technologische Entwicklungen finden statt, verändern die Mobilität aber nur langsam. Nachhaltigkeit ist nicht das Hauptthema. So schreitet die Zersiedelung gedämpft weiter fort. Siedlungs- und Wohnformen bleiben unverändert und die Kosten für das eigene Auto relativ gering. Die Anzahl der Wege pro Person nimmt zwar wegen Homeoffice und Onlineshopping leicht ab – doch bleibt die Verkehrsmenge aufgrund vermehrter Freizeitwege auf einem ähnlichen Niveau wie heute.