Bundesrat verabschiedet Botschaft zur Energiestrategie 2050
Bern, 04.09.2013 - Der Bundesrat hat heute die Botschaft zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 verabschiedet und dem Parlament zur Beratung überwiesen. Ziel ist der etappenweise Umbau der Schweizer Energieversorgung bis 2050, der insbesondere durch die Senkung des Energieverbrauchs und den zeitgerechten und wirtschaftlich tragbaren Ausbau der erneuerbaren Energien erreicht werden soll. Der Bundesrat schlägt dem Parlament die Energiestrategie 2050 als indirekten Gegenvorschlag zur Atomausstiegsinitiative vor.
Bundesrat und Parlament haben im Jahr 2011 den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Die bestehenden fünf Kernkraftwerke sollen am Ende ihrer sicherheitstechnischen Betriebsdauer stillgelegt und nicht durch neue Kernkraftwerke ersetzt werden. Die vorliegende Botschaft zur Energiestrategie 2050 enthält ein erstes Massnahmenpaket, um diejenigen Potenziale in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energien auszuschöpfen, die mit den heute vorhandenen oder absehbaren Technologien und ohne eine weitergehende internationale Koordination der Energiepolitik erschliessbar sind.
In der Vernehmlassung, die vom 28. September 2012 bis 31. Januar 2013 dauerte, gingen insgesamt 459 Stellungnahmen ein. Die Energiestrategie 2050 insgesamt sowie das etappierte Vorgehen stiessen dabei mehrheitlich auf Zustimmung. Aufgrund der detaillierten Rückmeldungen zur Vernehmlassungsvorlage (> siehe Ergebnisbericht im Anhang), wurde das Massnahmenpaket in einzelnen Punkten überarbeitet und präsentiert sich nun insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien flexibler und marktorientierter.
Ausgangslage
Die Schweiz importiert heute rund 80% ihrer Energie. Sie ist damit stark auslandabhängig und preislich bei Verknappungen verletzlich. Der Energieverbrauch pro Kopf ist hoch. Er liegt heute bei einer kontinuierlichen Leistung von rund 6‘400 Watt und ist damit weit entfernt vom Ziel einer 2000-Watt-Gesellschaft. Der Anteil fossiler Energie am Energiemix liegt bei rund 66 %, was aus klimapolitischer Sicht zu hoch ist. Weiter gilt es im Strombereich den absehbaren Wegfall der Produktion von Kernkraft zu ersetzen. Ausserdem sind die Stromnetze zu erneuern.
Grundsätze der Energiestrategie
Die Energiestrategie 2050 basiert auf den Grundsätzen, dass ...
- jede Energie möglichst sparsam und rationell verwendet werden soll,
- der Gesamtenergieverbrauch zu einem wesentlichen und kontinuierlich steigenden Anteil aus erneuerbaren Energien zu decken ist,
- die Kosten der Energienutzung möglichst nach dem Verursacherprinzip zu tragen sind,
- für den Bau und Umbau von fossilen Stromproduktionsanlagen eine Notwendigkeitsprüfung vorzunehmen ist, und
- die Massnahmen und Vorgaben der Energiegesetzgebung technisch, betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar sein müssen.
Revision von zehn Bundesgesetzen
Zur Umsetzung des ersten Massnahmenpakets der Energiestrategie 2050 sind eine Totalrevision des Energiegesetzes sowie Anpassungen in weiteren neun Bundesgesetzen nötig. Mit der Revision des Kernenergiegesetzes (KEG) wird verankert, dass keine Rahmenbewilligungen zum Bau neuer Kernkraftwerke oder zu Änderungen bestehender Kernkraftwerke mehr erteilt werden. Zudem wird das bestehende Moratorium für die Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennelementen im Ausland im KEG neu durch ein Verbot abgelöst.
Die sieben Stossrichtungen der Energiestrategie
(Details und Massnahmen > siehe Faktenblatt und Botschaft)
- Energie- und Stromverbrauch senken: Der sparsame Umgang mit Energie im Allgemeinen und Strom im Speziellen wird mit verstärkten Effizienzmassnahmen gefördert. Im Energiegesetz werden entsprechende quantitative Ziele festgeschrieben, die bis 2020 und 2035 erreicht werden sollen.
- Anteil der erneuerbaren Energien erhöhen: Die Stromproduktion aus Wasserkraft sowie aus den neuen erneuerbaren Energien (Sonne, Biomasse, Biogas, Wind, Abfall, Geothermie) wird ausgebaut. Im Energiegesetz werden entsprechende quantitative Ziele festgeschrieben, die bis 2020 und 2035 erreicht werden sollen. Weiter soll die Möglichkeit bestehen, die Nachfrage falls nötig durch den Ausbau der fossilen Stromproduktion aus Wärmekraftkopplungsanlagen (WKK-Anlagen) und Gaskombikraftwerken zu decken und/oder durch vermehrte Stromimporte.
- Zugang zu internationalen Energiemärkten sicherstellen: Wichtig zur Sicherstellung der Energieversorgung ist der ungehinderte Zugang zu den internationalen Energiemärkten. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Treibstoffe. Der Stromaustausch mit dem Ausland ist für eine sichere Stromversorgung und den temporären Ausgleich aufgrund von wetter-, tages- und jahreszeitlich bedingten Produktionsschwankungen erforderlich. Deshalb strebt der Bundesrat den gesicherten Marktzugang zum europäischen Strombinnenmarkt mit einem Abkommen mit der EU an.
- Um- und Ausbau der elektrischen Netze und Energiespeicherung: Das heutige Übertragungsnetz muss erneuert werden. Der zunehmende Ausbau der neuen erneuerbaren Energien mit wetter-, tages- und jahreszeitlich bedingten Produktionsschwankungen erfordert zudem einen Ausbau der Stromübertragungsnetze und den Umbau der Netze zu Smart Grids. Das Schweizer Netz soll optimal an das europäische Netz angebunden werden. Zudem wächst der Bedarf an Energiespeichern.
- Energieforschung verstärken: Das Parlament hat bereits im März 2013 den Aktionsplan „Koordinierte Energieforschung Schweiz" verabschiedet, mit dem die Energieforschung gezielt verstärkt wird.
- Vorbildfunktion des Bundes, der Kantone, der Städte und Gemeinden: Die öffentliche Hand setzt mit energetischen Standards für ihre eigenen Bauten ein gutes Beispiel und deckt ihren Eigenbedarf an Strom und Wärme soweit wie möglich durch erneuerbare Energieträger. Die vom Programm „EnergieSchweiz" vergebenen Labels „Energiestadt" sowie „Energie-Region" spielen hierbei eine wichtige Rolle.
- Internationale Zusammenarbeit intensivieren: Die Schweiz als bedeutender Forschungs- und Innovationsstandort kann zum Aufbau von Wissen und Technologietransfer im Energiebereich international beitragen und auch davon profitieren. Die Einbindung in internationale Krisenmechanismen stärkt die Versorgungssicherheit unseres Landes.
Kosten
Für die ohnehin anstehende Erneuerung und den Betrieb des bestehenden Kraftwerkparks fallen für den Privatsektor von 2010 bis 2050 schätzungsweise 126 Milliarden Franken an. Das würde jährlichen Investitionen und Betriebskosten von rund 3 Milliarden Franken entsprechen. Für den Bau und Betrieb neuer Kraftwerke fallen bis 2050 schätzungsweise 67 Milliarden Franken an. Das entspricht jährlichen Aufwendungen von rund 1,7 Milliarden Franken. Für den Um- und Ausbau der Stromübertragungs- und Verteilnetze ist bis 2050 mit etwa 18 Milliarden Franken zu rechnen. Diese Kosten können durch intelligente Steuerungen im Verteilnetz (smart grids) stark reduziert werden. Trotz dieser Zusatzkosten sind die Auswirkungen auf die Wohlfahrt in Berücksichtigung der Effizienzgewinne gering.
Monitoring
Der Bundesrat wird dem Parlament regelmässig Bericht über die Umsetzung der Energiestrategie, die Zielerreichung und auch über die Entwicklungen der Kerntechnologie (Umsetzung der Forderung, wonach der Kernenergieausstieg kein Technologieverbot darstellt) erstatten und falls nötig Anträge zu Anpassungen von Gesetzen, Massnahmen sowie Programmen vorlegen.
Energiestrategie 2050 als indirekter Gegenvorschlag zur Atomausstiegsinitiative
Die Atomausstiegsinitiative fordert ein Verbot neuer Kernkraftwerke, maximale Laufzeiten für die bestehenden Kernkraftwerke von 45 Jahren und eine Energiewende basierend auf weniger Verbrauch, mehr Effizienz und erneuerbaren Energien. Die Initiative verfolgt damit - mit Ausnahme der maximalen Laufzeiten für die bestehenden Kernkraftwerke - die gleichen Stossrichtungen wie die Energiestrategie 2050. Der Bundesrat empfiehlt die Atomausstiegsinitiative zur Ablehnung und stellt ihr die Energiestrategie 2050 als indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Für die bestehenden Kernkraftwerke sollen keine maximalen Laufzeiten gesetzt werden. Sie sollen nicht aufgrund politisch festgelegter Laufzeiten stillgelegt werden, sondern dann, wenn sie die sicherheitstechnischen Vorgaben nicht mehr erfüllen können. Für den kontinuierlichen Umbau der Energiesystems steht so mehr Zeit zur Verfügung. Ausserdem können Mehrkosten, die mit einem sehr raschen Ausstieg verbunden wären, abgedämpft beziehungsweise vermieden und absehbare Entschädigungsforderungen bei einer politisch festgelegten Laufzeitbeschränkung umgangen werden.
Nach 2020: Übergang von Förder- zu Lenkungssystem
Die Energiestrategie 2050 sieht vor, Energie- und Klimapolitik mittelfristig gemeinsam strategisch neu auszurichten. So soll in einer zweiten Etappe der Energiestrategie 2050 das bestehende Fördersystem (Netzzuschlag für die Förderung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien und Teilzweckbindung der CO2-Abgabe für das Gebäudesanierungsprogramm) schrittweise durch ein Lenkungssystem abgelöst werden, da die staatliche Förderung der erneuerbaren Energien sowie der Gebäudesanierung langfristig nicht sinnvoll sind. Die Arbeiten des UVEK zur möglichen Ausgestaltung der zweiten Etappe und des Übergangs laufen derzeit und werden mit dem Eidgenössischen Finanzdepartement EFD koordiniert.
Adresse für Rückfragen
Marianne Zünd, Leiterin Kommunikation BFE, 031 322 56 75, 079 763 86 11
Dokumente
Herausgeber
Der Bundesrat
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Generalsekretariat UVEK
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Bundesamt für Energie
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