An der Spitze des öffentlichen Verkehrs

Bern, 16.03.2024 - Rede von Bundesrat Albert Rösti an der Generalversammlung des Verbands Schweizer Lokomotivführer und Anwärter (VSLF), Fribourg, 16.03.2024

Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Präsident
sehr geehrte Lokführerinnen und Lokführer
sehr geehrte Anwärterinnen und Anwärter
geschätzte Damen und Herren

Es ist mir eine grosse Freude, heute hier in Fribourg an Ihrer Generalversammlung teilzunehmen.

Seit über einem Jahr leite ich das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK).

Es ist für mich zentral, dass ich mich mit Berufsgruppen, die für mein Departement so wichtig sind wie Sie, austauschen kann.

Ich stehe wohl an der Spitze des UVEK, Sie aber sitzen an der Spitze der Züge, was für die Passagierinnen und Passagiere viel wichtiger ist.

In dieser herausfordernden und verantwortungsvollen Position sind Sie zudem ein wichtiger Sensor dafür, wie es im Bahnbetrieb läuft, was gut ist und wo es harzt. Von diesen Erfahrungen und Ihren Inputs möchte ich heute profitieren!

Gleichzeitig lege ich Ihnen gerne die Themen dar, welche den VSLF betreffen und uns in Bundesbern beschäftigen.

Et je voudrais aussi vous remercier pour tout ce que vous faites 24 heures sur 24 et sept jours sur sept.

Pour que le système ferroviaire fonctionne, il faut que le personnel soit présent à toute heure du jour et de la nuit.

Ce samedi également, de nombreux membres de votre syndicat travaillent.

In Ihrem Beruf herrscht seit längerem ein Fachkräftemangel, und viele Lokführer werden in den nächsten Jahren pensioniert. Das ist eine grosse Herausforderung.

Denn ohne genügend Lokführer droht der Stillstand einzelner Züge. Sie kennen die Beispiele, die in letzter Zeit auch in der Öffentlichkeit genannt wurden. Damit der Lokführer-Beruf attraktiv bleibt, braucht es in erster Linie gute Arbeitsbedingungen.

Es braucht flexible Arbeitsmodelle und Teilzeitpensen, damit Schicht- und Wochenendarbeit kompensiert werden können. Gleichzeitig können damit auch noch mehr Frauen für den Lokführerberuf rekrutiert werden. Ihr Anteil ist zwar in den letzten Jahren gestiegen (bei der SBB zum Beispiel von 3,3 auf 7,3 Prozent innerhalb der letzten zehn Jahre), liegt aber immer noch unter 10 Prozent. Hier besteht noch ein grosses Potenzial!

Neben Teilzeitmodellen können auch attraktive Ausbildungsmodelle, die Erhöhung der Altersgrenzen, das Potenzial von Wiedereinsteigern, aber auch ganz einfach der Einsatz von modernem Rollmaterial dazu beitragen, den Beruf attraktiv zu halten und genügend Personal zu finden.

In seinen strategischen Zielen fordert der Bundesrat von der SBB, dass sie eine fortschrittliche und sozialverantwortliche Personalpolitik verfolgt, attraktive Anstellungsbedingungen bietet und sich mit geeigneten Massnahmen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf engagiert.

Er überprüft auch jährlich die Erreichung dieser Ziele.

Es ist Aufgabe der Sozialpartner, sich im Rahmen der Gesamtarbeitsverträge auf die Einzelheiten zu einigen.

Cette thématique m’occupe également et, avec le président de l’EPFZ, le professeur Joël Mesot, nous en avons discuté l’automne dernier.

Les EPF et le DETEC souhaitent renforcer leur collaboration afin qu’il y ait suffisamment de personnel qualifié dans les professions techniques.

Die Bahnunternehmen, der Bund und Sie als Sozialpartner müssen beim Berufsbild, der Personalpolitik und den Anstellungsbedingungen weiter gut zusammenarbeiten.

Eine weitere grosse Herausforderung ist - wie in vielen anderen Berufen - die technische Veränderung und Digitalisierung.

Jeder Wandel ist anspruchsvoll, bringt Chancen und Risiken. Es muss Ihnen und uns gelingen, die Chancen sichtbar zu machen.

Der Bund bekennt sich zur Weiterentwicklung und Digitalisierung der Bahn. Diese wird unsere Eisenbahn leistungsfähiger machen. Nur so kann die Bahn ihren Platz in der modernen Transportwelt halten und ausbauen.

Dass Projekte zum autonomen Fahren und weitere Tools bei Ihnen Ängste auslösen können, kann ich gut nachvollziehen.

Wir wollen aber mit der Förderung solcher Tools die Lokführer nicht überflüssig machen, sondern unterstützen. 

Lokführer wird es immer brauchen, ausser vielleicht auf einzelnen, klar abgegrenzten Metro-Strecken. Wir können nicht Züge im Mischverkehr unbegleitet durchs Land fahren lassen.

Es bleibt weiterhin wichtig, dass das Lokpersonal bei unvorhersehbaren Ereignissen reagieren und eingreifen kann.

Das Personal muss konsequent und schnell Mängel und Störungen an die zuständigen Stellen melden. Fachspezialisten der Bahnunternehmen sind auf Sie, geschätzte Lokführerinnen und Lokführer, mit Ihrer Erfahrung und Ihrem Fachwissen angewiesen.

Eine weitere Herausforderung für unser Land, die für mich als UVEK-Vorsteher sehr wichtig ist, betrifft auch den Zugverkehr: die Sicherung der Energieversorgung.

Für den Schienenverkehr in der ganzen Schweiz beispielsweise sind 6,822 Millionen Kilowattstunden Strom pro Tag nötig – dieser Strom muss 24 Stunden mal sieben Tage und absolut verlässlich vorhanden sein.

Die Schweiz wird die fossilen Energien schrittweise reduzieren. Deshalb brauchen wir als Ersatz rasch mehr Strom, und zwar aus erneuerbaren Energien.

Das Bundesgesetz für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien unterstützt dieses Ziel. Wir stimmen im Juni darüber ab, und ich engagiere mich mit voller Überzeugung für diese Vorlage.

Ich komme zu einer weiteren Herausforderung: Europa.

Die Schweizer Bahnwelt ist keine Insel. Wir sind (wie auch im Strassenverkehr) ein Transitland, insbesondere für den Güterverkehr.

Internationale Bahnverbindungen sind für den Schweizer Tourismus und den Wirtschaftsstandort wichtig.

Grenzüberschreitende S-Bahnen ermöglichen die Mobilität der Pendlerinnen und Pendler über Landesgrenzen hinaus.

Das Schweizer Bahnsystem ist Teil des europäischen Bahnsystems und muss mit diesem so kompatibel wie möglich sein.

Europäisch standardisierte Zugbeeinflussungs-, Sicherheits- und Signalsysteme (ERTMS bzw. ETCS) sind in Europa Realität.

Es geht nicht darum, ob wir diese Systeme auch bei uns wollen oder nicht, sondern wie wir die Umsetzung am besten gestalten.

Dafür sollten alle Beteiligten am gleichen Strick ziehen.

Die vom VLSF favorisierten Nachfolgesysteme früherer nationaler Zugbeeinflussungsysteme (ZUB, SIGNUM) sind mit den europäischen Systemen und deren Weiterentwicklung nicht kompatibel.

Bei der Einführung von ETCS hat Ihr Verband aber zahlreiche wichtige Inputs eingebracht, vielen Dank! Ihre Eingaben ermöglichten es unter anderem, die Zugbeeinflussung so zu justieren, dass der Betrieb möglichst optimal ablaufen kann.

Die konsequente Harmonisierung von Technik und Vorschriften im europäischen Rahmen reduziert auch die Komplexität im Berufsalltag der Lokführer. Man muss sich bei Fahrten über die Landesgrenzen hinaus dann nicht mit zwei verschiedenen Systemen herumschlagen.

Im Rahmen der aktuellen Verhandlungen mit der EU sprechen wir mit der EU-Kommission auch über eine kontrollierte Öffnung des internationalen Bahnverkehrs.

Zu dieser Öffnung hat sich unser Land gegenüber der EU eigentlich schon mit dem Abschluss des Landverkehrsabkommens vor über 20 Jahren bekannt.

Der Bundesrat hat mit der EU bereits in den Vorgesprächen zu den Verhandlungen vereinbart, dass bei einer kontrollierten Marktöffnung das schweizerische Lohn- und Sozialleistungs-Niveau für die Lokführer und weiteres Bahnpersonal geschützt würde.

Die Sozialpartner inkl. VSLF wurden und werden in die Vorbereitung der Verhandlungen eng einbezogen.

Für die konstruktive Mitarbeit des VSLF in der Konsultation möchte ich mich recht herzlich bedanken!

Die Schweiz hat ein dichtes Schienennetz und einen noch dichteren Fahrplan. Die Lokführerinnen und Lokführer spielen in diesem komplexen Transportsystem eine zentrale Rolle; sie sind systemrelevant.

Der Bund will dem Berufsstand Sorge tragen und ihn in seiner Entwicklung unterstützen. Vielen Dank für alles, was Sie jeden Tag leisten!


Adresse für Rückfragen

Kommunikation UVEK, Tel. +41 58 462 55 11


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Generalsekretariat UVEK
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