Stromkongress 2018

Bern, 15.01.2018 - Rede von Bundesrätin Doris Leuthard

Es gilt das gesprochene Wort!  

Sehr geehrter Herr Wider,

Sehr geehrter Herr Rengel

Sehr geehrter Herr Direktor,

Sehr geehrte Damen und Herren

Der Energiesektor steht nicht nur VOR grossen Herausforderungen – die Energiewelt steckt MITTEN drin. In der öffentlichen Wahrnehmung blicken wir auf ein Jahr 2017 zurück, das im Energiebereich Anlass zu Optimismus gibt und Sie gleichzeitig vor grossen Herausforderungen stellte.

Aus der politischen Perspektive herrschte 2017 Freude! Das deutliche Ja zum Energiegesetz brachte Klärung – auch für die Branche. Dieses Ja ist …

•      Genugtuung für die lange, letztendlich erfolgreiche Zusammenarbeit aller Involvierten.

•      Verpflichtung auf einen sparsamen und effizienten Energieverbrauch hinzuarbeiten.

•      Auftrag für eine langfristig sichere Stromversorgung ohne Kernenergie.

Das neue Energiegesetz ist nun wenige Tage in Kraft. Ich bin überzeugt, dass es grosse und wichtige Neuerung für die Energiezukunft bringen wird. An der Preisfront zumindest haben wir mit einem Durchschnittspreis pro Haushalt H4 von 20,4 Rappen trotz KEV einen Preis unter dem von 2015. Die Preisspanne zwischen dem tiefsten und höchsten Anbieter liegt bei 17,79 bis 24,07 Rappen und somit weit auseinander, was wir aber schon vor 10 Jahren hatten.

Ein weiteres wichtiges Puzzlestück für die sichere Versorgung der Schweiz sind die Stromnetze. Auch da verabschiedete das Parlament im Dezember 2017 – man möchte fast sagen - endlich - die Strategie Stromnetze – sie umfasst die Leitlinien zur Weiterentwicklung des Netzes und zur Optimierung der Verfahren von Leitungsprojekten und Vorgaben für den Entscheid „Kabel oder Freileitung“. Die Strategie ist nötig, um Engpässe zu beseitigen, die Substanz zu erhalten und eine dezentrale Energieversorgung zu ermöglichen. Die verschiedenen Interessen in unserer Schweizer Energielandschaft haben sich in dieser Vorlage widergespiegelt und den Abschluss der Vorlage erheblich verzögert. Nun ist aber der Weg für die Beschleunigung von Netzprojekten und verbesserte Planungsarbeiten frei.

Im Rahmen der Beratung wie auch bei der Abstimmung zum Energiegesetz wurden Stimmen laut, die Zweifel hegten an der Versorgungssicherheit. Das haben wir nun untersuchen lassen. Fazit: Die Versorgungssicherheit ist gemäss unabhängigen Studien von BFE und Elcom mittel- und längerfristig gegeben. Voraussetzung bleibt der Zugang zum internationalen Strommarkt, vorteilsweise gesichert mit einem Stromabkommen und der zweite Schritt zur vollständigen Öffnung unseres Strommarktes.

Für die Branche war das letzte Jahr herausfordernd. Zwar stabilisierte sich die Marktsituation gegenüber 2016 – davon konnten alle Unternehmen profitieren.

Sie kennen die Situation alle und eine Studie* des BFE hat dies auch bestätigt: über die letzten Jahren hatten insbesondere die Grossunternehmen ohne Kunden in der Grundversorgung zu kämpfen. Der Rest der Branche kann tendenziell auf eine positive Entwicklung zurückblicken.

Aber: Der Preis wird weiterhin vom Ausland diktiert. Einerseits durch die Zuschaltung alter, bereits abgeschriebener Kohlekraftwerke die ohne funktionierenden Emissionshandel die Marktpreise drücken, anderseits durch eine Subventionierung neuer erneuerbarer Energien. Aber auch die Preisspitzen, von denen auch Schweizer Unternehmen profitieren konnten, sind auf die temporäre Nichtverfügbarkeit verschiedener Kernkraftwerke im In- und Ausland zurückzuführen.

Das zeigt: Nicht Politik und Energiestrategie 2050 sind in erster Linie für den Geschäftserfolg verantwortlich, der Markt und das eigene Verhalten an diesem Markt ist es.

Die langfristige Versorgungssicherheit der Schweiz funktioniert denn auch marktorientiert und im Verbund mit unseren Nachbarn.

  •   Die Studie „System Adequacy Analyse“ zeigt, dass mit dem wahrscheinlichsten Entwicklungsszenario, aber auch für den Fall eines hohen Transformationstempos Richtung erneuerbare Energien, die Versorgungssicherheit bis 2035 im heutigen Marktmodell gewährleistet ist.
  • Von zentraler Wichtigkeit ist dabei, dass die Schweiz im europäischen Strommarkt integriert ist. Unsere Versorgungssicherheit basiert auf dem gegenseitigen und marktorientierten Austausch mit unseren Stromnachbarn. Physikalisch und eben auch real.

Wir haben auf absehbare Zeit kein Leistungsproblem, ein Kapazitätsmechanismus ist somit weder sinnvoll noch notwendig. Die Verfügbarkeit von Strom im Winter kann marktorientiert gewährleistet werden.

  • Versorgungssicherheit der Schweiz wird durch einen gestärkten Energy Only Markt und im Verbund mit den Nachbarstaten sichergestellt.
  • Ziel bei Anpassungen im Marktdesign muss die Stärkung des Marktes und der Integration in die umliegenden Märkte sein:
  • Zur Absicherung der Energieverfügbarkeit auch in extremen Situationen ist die Implementierung einer strategischen Reserve als zusätzliches Sicherheitsnetz zum EOM empfehlenswert.

Dass sich die Zeiten für die konventionelle Energieproduktion ändern, zeigen auch die Preisentwicklungen – gerade im Ausland:

Der Preis für erneuerbare Energien sinkt weiter! Die Volatilität der Preise auf dem Markt könnte steigen. So wurde kürzlich in Katar eine Ausschreibung bei 1,7 Cents abgeschlossen oder in den VAE bei 2,4 Cents pro kWh. Keine Kunst für die Golfregion mit rund 360 Sonnentagen. Aber auch in Europa wird unsere Stromproduktion weiterhin hohem Druck ausgesetzt. Die Flexibilität der Produktion dürfte für uns ein Trumpf für die Versorgung sein. Angesichts der immer kurzfristiger agierenden Märkte muss sich das Einspielen aber tendenziell sollte das zu unseren Gunsten gehen.

Résumées sur ce slide pour un niveau de consommation, les structures de prix du kWh pour le consommateur final captif sont difficiles à comprendre. Il importe ici que la transparence vis-à-vis du client augmente et que chaque client puisse bénéficier des avantages de prix que son distributeur obtient dans son approvisionnement. La régulation Sunshine à intégrer dans la révision de la LApEl doit également renforcer l’efficacité dans le domaine de la distribution.

Die Grafik zeigt, dass die Kosten für den Strom immer geringer werden. Hier wurde bei den Versorgern gearbeitet, um die Produktionskosten tief zu halten. Wo sich nichts bewegt ist bei den Netzkosten. Diese sind weiterhin hoch. Immerhin: Dank wesentlich tieferen Betriebs- und Beschaffungskosten kann Swissgrid die Tarife für das Schweizer Übertragungsnetz 2018 deutlich senken.

Eine Studie von Price, Waterhouse, Coopers zeigt, dass 9 von 10 Energieunternehmen in Europa davon ausgehen, dass sich der Markt bis 2030 signifikant verändern wird. Die Zeichen am Markt, an den Strombörsen, wenn es um Investitionen in neue Kraftwerksanlagen geht und wenn ich die globale Subventionspolitik anschaue, sprechen eine deutliche Sprache. Mit dem revidierten Energiegesetz und den entsprechenden Verordnungen sind wir seit dem 1.1.2018 gut aufgestellt.

Nutzen Sie also die gesetzlichen Vorgaben als Chancen, um die Entwicklung auf dem Markt frühzeitig zu antizipieren. Nutzen Sie die neuen Möglichkeiten. Werden Sie zu Dienstleistern

•      für Beratung über effiziente Anwendungen im Haushalt und Betrieb,

•      für neue, intelligente Technologien,

•      fördern Sie die Bildung von Kunden- oder Eigenverbrauchsgruppen.

Unterstützen Sie Ihre Kundschaft / Abnehmer auf dem Weg vom Consumer zum Prosumer. Mit dem Auftrag des Parlaments das heutige Monopol im Messwesen anzuschauen und zu öffnen, ergibt sich Veränderung, aber auch das kann Chance sein.

Es freut mich zu sehen, dass einige Unternehmen die Chancen sehen. Auch wenn wir den Strommarkt noch nicht für alle geöffnet haben, werden Stromaustausch-Plattformen bereits Realität.

Meine Damen und Herren, Realität und Innovationskraft sind schneller als die Politik.

So, wie das erste autonome Mehrfamilienhaus funktionieren kann, so kann auch der Zusammenschluss zu einem autonomen Quartier-Cluster in der Energieproduktion und -versorgung funktionieren.

Ein Beispiel mit Zukunfts-Faktor ist das „Suurstofi“-Areal in Cham. Mit solarer Nutzung, dynamischen Erdspeichern und einem Niedertemperaturnetz zur Nutzung der Abwärme entsteht ein eigentlicher Energie-Cluster. In Huttwil entsteht ein aus 22 Gebäuden bestehendes Plus-Energie-Quartier wo lokal produzierter Strom wieder lokal genutzt wird.

Revision Stromversorgungsgesetz

Der Bundesrat wird gegen Ende 2018 die Vorlage für eine Revision des Stromversorgungsgesetzes in die Vernehmlassung schicken.

Ziel der Revision ist es, bestehende Lücken im Gesetz zu schliessen sowie neue Regelungen aufgrund der sich wandelnden Rahmenbedingungen in der Strombranche einzuführen. Gearbeitet wird insbesondere an den Themenbereichen Tarifierung der Netzebene 7, Schärfung der Sunshine Regulierung und Regulierung der Flexibilität.

Es ist vorgesehen, mit dieser Vorlage auch die Grundlagen für ein neues Marktdesign gesetzlich zu verankern.

  • Dabei ist die Effizienz des Strommarktes hoch zu gewichten. Anpassungen im Marktdesign sollen möglichst keine Verzerrungen bewirken und bestehende Ineffizienzen möglichst beheben.
  • Das Marktdesign soll mit den schweizerischen Klimazielen, mit der vollständigen Marktöffnung sowie mit einem EU-Stromabkommen kompatibel sein. Gesamtwirtschaftliche Kostenfolgen sollen minimal sein.
  • Vom Strommarktdesign klar abzugrenzen sind wirtschaftspolitische Massnahmen. Die finanzielle Unterstützung ausgewählter Produktionstechnologien oder gar einzelner Unternehmen ist nicht vorgesehen.
  • Um die Energieverfügbarkeit auch in extremen Situationen zu gewährleisten, prüft das BFE zudem eine strategische Reserve als zusätzliches Sicherheitselement zu einer Stärkung und Optimierung der Effizienz des Energy-Only-Marktes.

Marktöffnung

  • Mit den Zielen eines neuen Strommarktdesigns ist auch die volle Marktöffnung verknüpft. Die Verzerrungen der Teilmarktöffnung sind offensichtlich. Ich weiss, dass dies bei ihnen weiterhin umstritten ist. Wechsel von Kunden gehören aber eigentlich zu Wettbewerb. Zufriedene Kunden wechseln nicht und vorgesehen ist ja nach wie vor, dass man einmal jährlich wechseln könnte.
  • Kunden werden aber interessiert sein gleiche Wahlrechte zu haben wie die Grossverbraucher. Vor allem KMU werden interessiert sein, ihre Nachfrage bei Preisspitzen anzupassen. Eine Marktöffnung unterstützt die Energiestrategie 2050 als wichtiges Element, indem sie etwa Produktinnovationen fördert und dank flexibler Energietarife neue Geschäftsmodelle schafft.
  • Im Zusammenhang mit den Arbeiten zum Marktdesign soll die Marktöffnung deshalb inhaltlich mitberücksichtigt werden.

Revision Wasserrechtsgesetz

Die Vernehmlassung zur Revision des Wasserrechtsgesetzes ist ohne Überraschung sehr kritisch ausgefallen. Die einen wollen möglichst keine Wasserzinsen bezahlen, die anderen möglichst hohe, fixe Zinsen beibehalten. Da die geltende Regelung für die Wasserzinsen Ende 2019 ausläuft, wird der Bundesrat Anfang 2018 über den Inhalt der Botschaft entscheiden. Geplant ist sie vor Sommer 2018 dem Parlament zu unterbreiten.

Danke für die Zusammenarbeit

Die Unternehmen im VSE sind auf einem guten Weg – machen Sie Tempo!

* Studie BFE 2007 – 2016: "Wirtschaftliche Situation von Schweizer Energieversorgungsunternehmen im Zeitverlauf".


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