Mobilitätskonferenz 2023

Bern, 29.08.2023 - Eröffnungsrede von Bundesrat Albert Rösti im Kursaal Bern

(Es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrte Damen und Herren

Unser Verkehrssystem ist der Herzschlag der Schweiz. Unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft sind darauf angewiesen, dass die Züge, Lastwagen, Busse und Personenwagen fahren können. Dass Flugzeuge starten und landen und dass Velofahrer und Fussgänger sicher unterwegs sein können – und zwar jederzeit.

Jeden Tag sind die Menschen in der Schweiz im Durchschnitt etwa eineinhalb Stunden unterwegs. Sie legen dabei im Schnitt über 35 Kilometer zurück. Der Verkehr bringt die Menschen zur Arbeit oder zur Ausbildung. Er ermöglicht es, dass sie ihre Einkäufe erledigen oder den Termin beim Hausarzt wahrnehmen können.

Der Verkehr stellt auch sicher, dass sie beim Einkaufen überhaupt etwas vorfinden in den Ladenregalen. Ohne ihn kämen die Nudeln, das Schnitzel und der Kopfsalat gar nie an - und auch die Medikamente nicht, die der Hausarzt verschreibt. Die Transportleistung des Güterverkehrs in der Schweiz beläuft sich pro Jahr auf knapp 28 Milliarden Tonnenkilometer. Eine gewaltige Leistung.

Meine Damen und Herren, der Verkehr ist eine bedeutende Wirtschaftsbranche in der Schweiz. Rund 13 Prozent des Bruttoinlandprodukts werden direkt oder indirekt im Zusammenhang mit Verkehrsleistungen erwirtschaftet. Man darf mit Fug und Recht feststellen: Wenn der Verkehr stillsteht, steht auch unser Land still.

Deutlich vor Augen geführt hat uns dies der Unfall im Gotthard-Basistunnel vor drei Wochen – ein Ereignis, wie es in der Schweiz zum Glück nur sehr selten passiert. Die Folgen dieser Sperrung für den Transitverkehr von Norden nach Süden und umgekehrt, die Folgen für die Versorgung der Schweiz mit verschiedensten Gütern und die Folgen für den Tourismus sind immens. Glücklicherweise sind bei der Entgleisung keine Menschen zu Schaden gekommen.

Die SBB - und da möchte ich den hier anwesenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der SBB meinen grossen Dank aussprechen - hat Unglaubliches geleistet, um unsere Mobilität mit geringstmöglichen Einschränkungen aufrechtzuerhalten. Mein Bundesamt für Verkehr und ich standen in sehr engem Kontakt, um gute Lösungen zu finden. Was die genauen Unfalldetails betrifft, müssen wir die Ergebnisse der Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST abwarten, die hier eine wichtige Arbeit zu leisten hat.

Ein grosses Dankeschön geht an dieser Stelle an alle Beteiligten, die sich täglich – und vor allem im Zusammenhang mit solch anspruchsvollen Ereignissen – um unsere Mobilität kümmern.

Das Thema der heutigen, dritten nationalen Mobilitätskonferenz könnte vor diesem Hintergrund nicht besser gewählt sein: Wie bereiten wir unser Verkehrssystem optimal auf Krisen vor? Wie können wir uns wappnen gegen unvorhergesehene Ereignisse?

Ich sage bewusst, wie bereiten wir uns optimal auf solche Krisen vor. Denn eines steht fest: Unser Verkehrssystem ist bereits sehr gut und robust. Wir reden hier also von einer Verbesserung auf hohem Niveau. Und trotzdem können wir noch besser werden - und wir müssen es auch. Denn es geht darum, die hohe Effizienz und Widerstandsfähigkeit unseres Verkehrssystems für die Zukunft zu sichern. Die Welt ist komplexer geworden. Die Bevölkerung wächst. Krisen werden nicht ab-, sondern eher zunehmen.

Es kommen neue Herausforderung auf uns zu, die wir bis vor Kurzem für undenkbar hielten. Zum Beispiel eine mögliche Knappheit von Energie, die nötig ist, um unseren Verkehr am Laufen zu halten. Ich verspreche Ihnen, meine Damen und Herren, als Energieminister werde ich alles tun, was in meiner Macht steht, damit genügend Energie für den Verkehr zur Verfügung steht. Aber ich bin ja auch Verkehrsminister, und als solcher muss ich mich fragen, wie unser Verkehrssystem robust bleibt und zuverlässig funktioniert, falls die Energie trotz allem knapp wird.

Neue Möglichkeiten schaffen unter anderem der technologische Wandel und die Digitalisierung. Dies müssen wir als Chance unbedingt nutzen. Gleichzeitig gibt es aber auch hier Risiken wie die Verwundbarkeit durch Cyberattacken. Da gilt es dringend ein Auge darauf zu halten.

Es gibt für diese Fragen aus meiner Sicht nur eine Antwort: Nicht alles auf eine einzige Karte setzen. Das Risiko verteilen auf unterschiedliche Verkehrsträger und redundante Infrastrukturen. Fällt der Zug aus, müssen Ersatzbusse auf Strassen verkehren, wird eine Strasse bei einem Bergsturz verschüttet, kann der Zugsverkehr entlasten.
Ich habe seit meinem Amtsantritt immer gesagt: Es gibt für mich im Ausbau der Verkehrsinfrastruktur kein Entweder-oder. Es gibt nur ein Sowohl-als-auch. Strasse und Schiene, Privatverkehr und ÖV. Das heisst nicht, dass wir sämtliche Verkehrswege doppelt führen sollen. Das wäre weder finanzierbar noch sinnvoll. Ziel ist es, das richtige am richtigen Ort zu bauen, notwendige Redundanzen oder Ausweichmöglichkeiten zu schaffen und dort zu investieren, wo Engpässe bestehen. Immer mit Rücksicht auf Menschen und Umwelt und mit dem Grundsatz, dass die Verkehrsträger keine Konkurrenz zueinander sein dürfen, sondern sich gegenseitig ergänzen und im Krisenfall absichern können. Die Intermodalität ist der Schlüssel zum Erfolg. Deshalb sind für mich gut funktionierende Verkehrsdrehscheiben von zentraler Bedeutung.

Nur wenn wir Bahn, Bus, Auto und auch den Fuss- und Veloverkehr mit diesem ganzheitlichen Blick fördern, können wir unser Verkehrssystem noch krisenfester machen. Sie kennen bestimmt alle die alte Weisheit, dass eine Kette nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied. In unserem Verkehrssystem können wir uns kein schwaches Glied leisten. Darum können wir es uns nicht leisten, ein Verkehrsmittel auf Kosten eines anderen zu fördern.

Seit meinem Amtsantritt konnte ich dem Bundesrat sowohl für den Strassen- wie auch für den Schienenverkehr zukunftsgerichtete Ausbauschritte unterbreiten: im Februar für die Nationalstrassen und für den Agglomerationsverkehr, und vor zwei Wochen haben wird Entscheide zum Bahnausbau gefällt. Bei der Ausgestaltung der Vorlagen war mir wichtig, dass die Bedürfnisse der ganzen Schweiz berücksichtigt werden und dass der Besiedelungsdichte Rechnung getragen wird.
Jetzt ist das Parlament am Zug. Denn um grosse Verkehrsprojekte zu realisieren, braucht es auch einen breit abgestützten politischen Willen und geeignete Finanzierungsinstrumente. Wir sind glücklich, dass wir insbesondere mit dem Bahninfrastrukturfonds (BIF) und dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) über die nötigen Strukturen verfügen. Andere Länder beneiden uns darum, wir müssen aber weiterhin für eine nachhaltige Finanzierung besorgt sein.

Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass auch Sie mit Ihrem Fachwissen mithelfen, das Schweizer Verkehrssystem noch krisensicherer zu machen. Es ist möglich und unser aller Ziel, noch besser zu werden, um optimal auf Krisen vorbereitet zu sein. Die Mobilitätskonferenz heute ist ein wichtiger Schritt dazu und bringt uns dem Ziel näher, über alle Verkehrsträger hinweg zusammen zu arbeiten. 

Diese Zusammenarbeit ist essenziell, damit wir uns in der Krisenprävention und -bewältigung weiter verbessern können. Ich bin sicher, dass uns dies gelingt.
Ich habe in meinen ersten Monaten als Verkehrsminister überall motivierte, engagierte und offene Menschen angetroffen. Menschen wie Sie, geschätzte Anwesende, die sich mit voller Kraft für unseren Verkehr engagieren. Und die zuallererst das Gesamtverkehrssystem und nicht Einzelinteressen im Blick haben, damit die Mobilität als Herzschlag der Schweiz im Takt bleibt.

Ich danke Ihnen schon heute für Ihr Engagement und wünsche Ihnen eine spannende Konferenz mit aufschlussreichen Ergebnissen.


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