Auftakt Vorlage sichere Stromversorgung

Bern, 18.03.2024 - Bundesrat Albert Rösti, 18.03.2024, Bern

Es gilt das gesprochene Wort!

Liebe Medienschaffende,

Geschätzte Amtsdirektorin,

Geschätzter Amtsdirektor,

Wir brauchen mehr Strom. Viel mehr Strom. Ich erinnere daran, dass das Bundesamt für Bevölkerungsschutz in seiner Risikoanalyse von 2020 feststellte, dass eine Strommangellage das grösste Risiko für die Schweiz darstellt und sehr hohe Schäden verursachen kann.

Mehr Strom: Das ist das Hauptziel des Bundesgesetzes für eine sichere Stromversorgung, über das wir am 9. Juni abstimmen. Denn ohne Strom stehen unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft still.

In den vergangenen zwei Jahren haben wir noch nie dagewesene Verwerfungen auf den Energiemärkten erlebt. Sie führten dazu, dass unsere Versorgungssicherheit zeitweise in Gefahr war. Und die Versorgungslage ist immer noch fragil.

Aber wir haben gehandelt: Der Bundesrat hat Energiereserven eingerichtet, um Schaden für Bevölkerung und Wirtschaft abzuwenden. Dank der warmen Witterung und wieder besseren Importmöglichkeiten kamen wir bisher ohne grössere Beeinträchtigungen durch. Aber gelernt haben wir auch, dass es besser ist, wenn wir unsere inländische Energieversorgung stärken. Die Vorlage vom 9. Juni unterstützt dieses Ziel stark.

Mehr Strom brauchen wir aber auch, weil wir in der Zukunft schrittweise die fossilen Energien reduzieren. Dies hat die Stimmbevölkerung im letzten Jahr mit dem Ja zum Klima- und Innovationsgesetz beschlossen. Dies bedeutet, dass der Stromverbrauch der Schweiz in den nächsten Jahren weiter ansteigen wird. Das spüren wir schon heute, weil jedes Jahr mehr Elektroautos und Wärmepumpen ans Netz gehen, die bekanntlich mit Strom funktionieren. Der Stromverbrauch wird massiv ansteigen. Das Parlament hat dies erkannt und ins Gesetz geschrieben, dass wir bis 2050 45 TWh Inlandstrom aus erneuerbaren Energien produzieren sollen (ohne Wasserkraft). Das macht rund zwei Drittel der heutigen Produktion aus.

Zusammenfassend: Wir brauchen mehr Strom. Auf kurze und mittlere Frist, um aus dem Risiko einer Mangellage im Winter herauszukommen. Und auf längere Frist, um Netto-Null Emissionen zu erreichen. Woher kommt der Strom? Kurz- und mittelfristig ist für den Bundesrat und das Parlament klar, dass wir auf realistische und vor allem auf verfügbare Stromquellen setzen. Diese Quellen sind Wasser, Biogas, Sonne und Wind. Läuft das erst mal, können wir die langfristigen Ziele, das heisst die Dekarbonisierung, mit anderen Möglichkeiten und auch neuen Technologien in Erwägung ziehen.

Nous avons besoin de plus d'électricité. Nous en avons besoin à court et à moyen terme pour ne plus risquer de pénurie en hiver. Et à plus long terme, pour atteindre zéro émission nette. Pour le Conseil fédéral et le Parlement, il est clair qu’à court et moyen terme, nous devons miser sur des sources d'électricité réalistes et surtout disponibles ; ce sont l'eau, le biogaz, le soleil et le vent. Une fois que cela sera fait, nous pourrons envisager les objectifs à long terme, avec d'autres moyens et aussi des technologies nouvelles.

Mit der Vorlage nutzen wir diese erneuerbaren Energien – und zwar wie folgt:

  • Die Vorlage enthält Ziele und Massnahmen für den raschen Ausbau der inländischen Stromproduktion aus erneuerbaren Energien. Das Hauptpotenzial haben in den nächsten rund 10 bis 15 Jahren Solaranlagen auf Gebäuden, Fassaden und Infrastrukturen.
  • Wir brauchen mehr und vor allem Winterstrom. Die Vorlage erleichtert die Planung und Realisierung von Speicherwasserkraftwerken, sowie von Windkraft- und grossen Solaranlagen. Denn sie legt fest, dass die Winterstromproduktion bis 2040 um mindestens 6 TWh erhöht werden muss. Davon sollen 2 TWh mit Speicherwasserkraftwerken bereitgestellt werden. Dazu nennt die Vorlage 15 konkrete Projekte für dieses Ziel. Darunter sind sowohl Neubauten, aber vor allem Staumauererhöhungen. Die Umweltorganisationen Pro Natura und WWF, der Schweizerische Fischereiverband, die Kantone und die Strombranche haben sich an einem runden Tisch auf diese Projekte verständigt.

Sie haben aus über 30 Projekten jene gewählt, die den grössten Nutzen für die Stromproduktion haben und die kleinste Auswirkung für die Natur.

  • Das Parlament hat zudem mit Chlus (Graubünden) ein weiteres Wasserkraftprojekt hinzugefügt. Es ist kein Speicherwerk, aber es wird eine grosse Strommenge liefern. Die ökologische Situation wird dort verbessert.

Zum Ausbau der Winterstromproduktion bis 2040 beitragen sollen auch Windkraft- und grosse Solaranlagen von nationalem Interesse. Die Vorlage sorgt dafür, dass sich die Planung und der Bau solcher Anlagen ausschliesslich auf dafür geeignete Gebiete konzentrieren. Wir klären früh, wo gebaut werden kann und vor allem wo nicht. Die Kantone nehmen hier eine zentrale Rolle ein. Sie legen die geeigneten Gebiete fest und müssen dabei dem Schutz von Landschaft, Gewässer, Wald und Landwirtschaft Rechnung tragen. So bleiben insbesondere wichtige Biotope und Fruchtfolgeflächen geschützt.

Durch die Konzentration auf diese Gebiete wird es keine ausufernde Überbauung der Schweiz mit grossen Stromproduktionsanlagen geben, welche die Landschaft zerstören. Letztlich wird die Bevölkerung weiterhin über Energieanlagen entscheiden können.

Bundesrat und Parlament sind überzeugt, dass es die Anlagen, die ich gerade vorgestellt habe, braucht. Sie beanspruchen zwar Natur und Landschaft, produzieren aber im Gegenzug Strom, den wir im Winter dringend brauchen. Deshalb sieht die Vorlage für diese Anlagen – und nur für diese - erleichterte Planungsbedingungen vor. Bei den 16 Wasserkraftprojekten und den geeigneten Gebieten für wichtige Wind- und Solaranlagen gilt, dass die Stromproduktion Vorrang vor der Schutzfunktion hat. Dennoch kann selbstverständlich Beschwerde erhoben werden. Die Güterabwägung ist schon im Gesetz und ist von den Gerichten zu berücksichtigen. Das soll für Planungs- und Rechtssicherheit sorgen.

  • Die Vorlage stärkt die Energieeffizienz und die Integration der erneuerbaren Energien ins Stromsystem. Allein mit dem Ausbau der Stromproduktion ist es nicht getan. Es braucht auch Infrastruktur, die diesen Strom einsammelt und zu den Verbrauchern transportiert oder speichert. Und dies soll, trotz schwankender Stromeinspeisung und Verbrauch, zu jeder Zeit sicher sein. Das Stromnetz soll immer stabil laufen. Auch dafür sieht die Vorlage Massnahmen vor. Beispielsweise durch die Möglichkeit flexibler Netztarife, die Anreize geben, den Stromverbrauch in Zeiten mit geringer Netzbelastung zu verlagern.  Oder auch, indem Stromlieferanten ihre Kundinnen und Kunden noch besser über ihren individuellen Verbrauch informieren.

Jede Kilowattstunde, die wir nicht verbrauchen, muss nicht produziert, nicht transportiert und auch nicht gespeichert werden, und es müssen weniger Stromproduktionsanlagen, Stromnetze und Stromspeicher im Inland gebaut werden. Das spart neben Eingriffen in die Natur auch Kosten.

Die Vorlage legt fest, dass der Stromverbrauch der Schweiz bis 2035 mit Effizienzsteigerungen um 2 Milliarden Kilowattstunden gesenkt werden soll. Dies, indem die Stromlieferanten jährlich einen bestimmten Prozentsatz ihres Stromabsatzes einsparen. Beispielsweise indem sie Endverbraucherinnen und -verbrauchern in der Schweiz beim Ersatz von elektrischen Antrieben, Beleuchtungen, Lüftungen, Kälteanlagen oder Geräten unterstützen.

  • Die Vorlage setzt mit Förderinstrumenten weiterhin Anreize für den Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion. Die Förderinstrumente werden bis 2035 (bisher bis 2030) verlängert. Und sie werden wie bisher durch den Netzzuschlag finanziert. Er bleibt bei 2,3 Rappen pro verbrauchte Kilowattstunde. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher entstehen also keine neuen Kosten.

Wir stimmen am 9. Juni ab, weil gegen die Vorlage das Referendum ergriffen wurde.

Es wird kritisiert, das Gesetz führe zu einer unnötigen Beeinträchtigung von Natur und Landschaft und schränke die Mitsprache von Kantonen, Gemeinden und der Bevölkerung ein.

Bundesrat und Parlament sehen das anders. Die Anliegen des Natur- und Landschaftsschutzes spielten in den Beratungen eine zentrale Rolle. Die erleichterten Planungsbedingungen für 16 Wasserkraftwerke sowie Wind- und grosse Solaranlagen in Eignungsgebieten sind ein sorgfältig austarierter Kompromiss. Nicht umsonst wurde die Vorlage einstimmig im Ständerat und mit nur 19 Gegenstimmen im Nationalrat verabschiedet. Dieser Kompromiss soll eben gerade eine ausufernde Überbauung in sensiblen Gebieten wie Biotopen verhindern. Zudem wurde der Restwassermenge Rechnung getragen. Auch ich will keine flächendeckende Überbauung von Wind und Solaranlagen, die die Landschaft zerstören. Dies wird sichergestellt, denn zu über 90 Prozent erfolgt der Ausbau auf bestehenden Infrastrukturen. Angesichts der Winterproblematik und des steigenden Strombedarfs brauchen wir aber die genannten Anlagen.

Die erleichterten Planungsbedingungen für wichtige Wind- und Solaranlagen ändern aber nichts an den demokratischen Mitsprachemöglichkeiten der Bevölkerung. In Gemeinden bleiben Abstimmungen über konkrete Projekte weiterhin möglich. Einzig beim Bau oder Ausbau der im Gesetz genannten 16 Wasserkraftwerke wird die Mitsprachemöglichkeit leicht eingeschränkt, weil die Nutzungsplanung (für Neubauten) wegfällt. Die Beschwerdemöglichkeiten von Privaten und Verbänden bleiben aber auch hier bestehen.

Meine Damen und Herren

Eine Situation wie im Winter 2022/23 und auch die weiterhin bestehenden Unsicherheiten im laufenden Winter dürfen für die Schweiz nicht zur Gewohnheit werden. Mit dem raschen Ausbau der inländischen Stromproduktion verringern wir die Abhängigkeit von Energieimporten und so auch das Risiko von kritischen Versorgungslagen. Das ist wichtig für die Bevölkerung, die Wirtschaft und für die Gesellschaft.

Und ja, eine sichere Stromversorgung ist nicht gratis zu haben und sie ist auch keine Selbstverständlichkeit. Bestehende Infrastrukturen, ob Kraftwerke, Anlagen oder Stromnetze, altern. Der grösste Teil der Investitionen wird alleine für die Erneuerung, Modernisierung und den Ersatz dieser Infrastrukturen anfallen. Die Kosten für den notwenigen Ausbau ist nichts im Vergleich zu den finanziellen Schäden, die eine tatsächlich eintretende Strommangellage verursachen würde.

Meine Damen und Herren: Der Ausbau der einheimischen Stromproduktion ist zwingend und stärkt die Souveränität unseres Lands, was in der aktuellen fragmentierten Welt besonders wichtig ist. Auch deshalb sagt der Bundesrat Ja zu diesem Gesetz.

La sécurité de l’approvisionnement en électricité ne coule pas de source et oui, elle a un prix. Centrales, installations ou réseaux électriques, les infrastructures existantes vieillissent. Des investissements seront nécessaires pour rénover, moderniser et remplacer ces infrastructures.

En outre, nous devons impérativement renforcer la production d’électricité en Suisse. Les coûts de ce renforcement sont minimes si on les compare aux dommages financiers qu'entraînerait une pénurie d'électricité réelle.

Mesdames et Messieurs, il est impératif d’accroître la production d'électricité en Suisse et de renforcer la souveraineté de notre pays ; c’est particulièrement important dans le monde divisé d’aujourd’hui.

C’est aussi pour cette raison que le Conseil fédéral soutient cette loi.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


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