Energie: Bundesrat schickt Gesetzesänderungen für die Stromreserve in die Vernehmlassung

Bern, 28.06.2023 - Der Bundesrat will verschiedene bestehende Massnahmen zur Verhinderung einer Energiemangellage gesetzlich verankern und die Winterstromproduktion gezielt fördern. An seiner Sitzung vom 28. Juni 2023 hat er die Vernehmlassung für die notwendigen Gesetzes- und Verordnungsanpassungen eröffnet.

Aufgrund der Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf die Gasversorgung in Europa sowie technischer Probleme in vielen französischen Kernkraftwerken zeichnete sich Mitte 2022 ein erhöhtes Risiko für die Energieversorgungssicherheit der Schweiz im Winter 2022/23 ab. Der Bundesrat reagierte darauf unter anderem mit der Inkraftsetzung der Winterreserveverordnung. Diese regelt seither den Einsatz der Wasserkraftreserve sowie einer ergänzenden Reserve bestehend aus Reservekraftwerken, gepoolten Notstromgruppen und Wärme-Kraft-Koppelungsanlagen (WKK-Anlagen).

Ergänzende Reserve gesetzlich verankern

Die Stromreserve besteht aus der Wasserkraftreserve und der ergänzenden Reserve. Die Winterreserveverordnung und damit auch die darauf basierenden Stromreserven sind bis Ende 2026 befristet. Das Parlament schafft aktuell im Stromversorgungsgesetz die gesetzliche Grundlage für eine obligatorische Wasserkraftreserve. Diese will der Bundesrat nun mit gesetzlichen Regelungen zu einer Reserve ergänzen, die aus Reservekraftwerken, Notstromgruppen und WKK-Anlagen besteht. Damit stellt der Bundesrat die verschiedene Reservekapazitäten auf eine unbefristete gesetzliche Grundlage und stärkt so die Versorgungssicherheit. Die entsprechende Revision umfasst folgende Eckpunkte:

  • Der Bundesrat kann Zielwerte für die Dimensionierung der einzelnen Bestandteile der Reserve vorgeben. Über die konkrete Dimensionierung bestimmt die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom).
  • Die ergänzende Reserve soll grundsätzlich durch Ausschreibungen bereitgestellt werden, wobei für Notstromgruppen und WKK-Anlagen auch ein anderes Verfahren möglich sein soll.
  • Für die Teilnahme an der Reserve erhalten die Anlagebetreiber ein Verfügbarkeitsentgelt. Werden ihre Reserven abgerufen, erhalten sie zudem eine Abrufentschädigung.
  • Damit die Treibhausgasbilanz nicht belastet wird, kann der Bundesrat Anpassungen im CO2-Recht treffen, wie die Pflicht zur Teilnahme am Emissionshandelssystem. Zudem kann er verhältnismässige und befristete Ausnahmen beim Umweltschutzrecht und bei kantonalen Betriebsvorschriften vorsehen, falls dies für den Betrieb der Anlagen unabdingbar ist.
  • Sämtliche Kosten sind grundsätzlich Teil der anrechenbaren Betriebskosten des Übertragungsnetzes und werden deshalb auf alle Endverbraucherinnen und Endverbraucher überwälzt.

Förderung von WKK-Anlagen

Mit Anpassungen des Energiegesetzes und des CO2-Gesetzes soll eine Förderung von WKK-Anlagen eingeführt werden. Dies geht zurück auf eine Motion der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats (23.3022 Mo. UREK-N). Gefördert werden sollen wärmegeführte WKK-Anlagen in neuen Wärmeverbünden sowie in bestehenden Wärmeverbünden, wenn sie dort fossile Spitzenlastkessel ersetzen oder ergänzen. Die WKK-Anlagen müssen zudem die Wärme nutzen, hauptsächlich im Winter betrieben werden, mit erneuerbaren Energieträgern laufen oder andernfalls am Emissionshandelssystem teilnehmen bzw. die Emissionen anderweitig kompensieren. So wird Winterstrom produziert und die CO2-Bilanz verbessert.

Zur Verfügung stehen Investitionsbeiträge von jährlich 20 Millionen Franken über einen Zeitraum von zehn Jahren. Die neuen WKK-Anlagen sollen im Winterhalbjahr eine zusätzliche Strommenge von rund 400 GWh bereitstellen. Die Finanzierung erfolgt über den Netzzuschlagfonds. Der Netzzuschlag wird dafür nicht erhöht. Neu soll zudem die CO2-Abgabe auf Brennstoffen, die in WKK-Anlagen nachweislich für die Stromproduktion eingesetzt wurden, vollumfänglich und nicht nur teilweise zurückerstattet werden.

Information der Öffentlichkeit

Im Energiegesetz soll der Auftrag an das Bundesamt für Energie (BFE) verankert werden, die Öffentlichkeit über den aktuellen Stand und die zeitliche Entwicklung der Energieversorgung der Schweiz zu informieren. Die gesetzliche Anpassung stellt sicher, dass das BFE Zugang zu den entsprechenden Daten erhält.

Rückerstattung von Kosten für CO2-Emissionsrechte an Zweistoffanlagen

Im CO2-Gesetz soll geregelt werden, dass der Bund den Betreibern von Zweistoffanlagen, die von Gas auf Heizöl umstellen können, die Mehrausgaben erstatten kann, wenn diese durch die Umstellung zusätzliche CO2-Emissionsrechte erwerben müssen. Diese Unternehmen sollen keinen unzumutbaren finanziellen Nachteil erleiden, wenn der Bund Zweistoffanlagen-Besitzer zum Wechsel von Gas auf Öl anweist.

Anpassung der Winterreserveverordnung

Da die Realisierung neuer Reservekraftwerke Zeit in Anspruch nimmt, erfolgt bereits im laufenden Jahr auf Grundlage der Winterreserveverordnung eine Ausschreibung für neue Reservekraftwerke. Weil die gesetzliche Grundlage zur Ablösung der Winterreserveverordnung mit der vorliegenden Vernehmlassungsvorlage erst geschaffen wird, haben potenzielle Investoren keine Planungssicherheit und es besteht die Gefahr, dass die Teilnahme an der Ausschreibung gering ausfallen könnte. Die bestehende Winterreserveverordnung soll deshalb Planungssicherheit für die Projektanten schaffen. Ihnen werden die Kosten für die Projektierung und erforderlichen Vorleistungen zurückerstattet, sofern das Parlament die gesetzlichen Grundlagen für die Ausschreibungen nicht schafft.

Keine Verbrauchsreserve

Gemäss Auftrag des Bundesrats vom 25. Januar 2023 wurde die Einrichtung einer Verbrauchsreserve (gezielte Senkung der Nachfrage) geprüft. Es zeigt sich, dass die dazu nötigen Regelungen komplex wären und je nach Ausgestaltung negative Wechselwirkungen mit Effizienzmassnahmen, freiwilligen Sparmassnahmen, Marktprodukten und den Massnahmen gemäss Landesversorgungsgesetz entstehen könnten. Es ist effizienter, wenn die Strombranche im Markt derartige Produkte anbietet. Dafür sind im Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien auch entsprechende Regelungen vorgesehen (Vereinfachungen für dynamische Tarife, Rahmenbedingungen für Flexibilitätsregulierung). Auf die Aufnahme einer Verbrauchsreserve in die Winterreserveverordnung wird deshalb verzichtet. Der Bund fordert die Branche auf, entsprechende Verbrauchsreserve-Produkte zu entwickeln und anzubieten.


Adresse für Rückfragen

Marianne Zünd, Leiterin Medien und Politik, Bundesamt für Energie (BFE)
+41 58 462 56 75, marianne.zuend@bfe.admin.ch



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