Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie»

Die Anlage des Kernkraftwerks Leibstadt im Kanton Aargau aus der Vogelperspektive.
Das Kernkraftwerk in Leibstadt (AG). ©Fotolia

Die Atomausstiegsinitiative wurde am am 27. November 2016 von den Schweizer Stimmbürgern mit 54,2% Nein-Stimmen abgelehnt. Sie wollte den Bau neuer KKW in der Schweiz verbieten und die Laufzeiten der fünf bestehenden Schweizer KKW begrenzen. Bundesrat und Parlament hatten sie zur Ablehnung empfohlen, weil damit eine übereilte Abschaltung verbunden gewesen wäre. Bundesrat und Parlament setzen im Rahmen der Energiestrategie 2050 auf einen schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie: Die bestehenden KKW sollen bis zu ihrem altersbedingten Ende laufen, sie dürfen aber nicht durch neue ersetzt werden. Das verschafft der Schweiz die für den Umbau der Energieversorgung nötige Zeit.

    

Das folgende Dossier enthält die im Hinblick auf die Abstimmung erarbeiteten Unterlagen und wird nicht mehr aktualisiert (Stand vom 27. November 2016).

    

Video: Das Wichtigste in Kürze

Ausgangslage: Energieproduktion in der Schweiz heute

In der Schweiz gibt es fünf Kernkraftwerke (KKW): Beznau I und II, Mühleberg, Gösgen und Leibstadt. Sie wurden zwischen 1969 und 1984 in Betrieb genommen. Alle haben heute eine unbefristete Betriebsbewilligung: Sie dürfen so lange laufen, wie sie sicher sind. Sie
werden abgeschaltet, sobald sie wegen der Alterung an ihr Ende kommen. Wirtschaftliche Überlegungen können ebenfalls zu einer Stilllegung führen. Die Betreiber müssen die Sicherheit stets gewährleisten und laufend verbessern. Dabei werden sie vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) kontrolliert. Falls nötig, kann das ENSI die sofortige Abschaltung anordnen. Die fünf KKW produzieren knapp 40 Prozent des Schweizer Stroms. Sie sind heute vor allem im Winter für die Stromversorgung wichtig, wenn der Stromverbrauch hoch ist und die Wasserkraftwerke weniger Strom produzieren können.

Nach dem Reaktorunfall von Fukushima beschlossen Bundesrat und Parlament 2011 im Grundsatz, aus der Kernenergie auszusteigen: In der Schweiz dürfen keine neuen KKW mehr gebaut werden. Die bestehenden KKW bleiben jedoch so lange am Netz, wie sie sicher sind. Für die Umsetzung dieses Entscheids muss die Schweiz ihre Energieversorgung umbauen. Das Parlament hat dazu die Energiestrategie 2050 verabschiedet. Diese umfasst Massnahmen, um den Energieverbrauch zu senken, die Energieeffizienz zu erhöhen und erneuerbare Energien zu stärken und verankert das Verbot neuer KKW im Kernenergiegesetz.

Kuchengrafik: Stromproduktion in der Schweiz 2006 – 2015 nach Kraftwerkskategorie, in % der Gesamtproduktion: Kernkraftwerke 38,4%; Speicherkraftwerke 31,5%; Laufwasserkraftwerke 25,1%; Konventionell-thermische Kraft- und Fernheizkraftwerke (nicht ernbeuerbar) 2,8%; Konventionell-thermische Kraft- und Fernheizkraftwerke (ernbeuerbar) 1,5%; Diverse erneuerbare ENergien 1,2% (Quelle: BFE, Elektrizitätsstatistik)
Stromproduktion in der Schweiz 2006 – 2015 nach Kraftwerkskategorie, in % der Gesamtproduktion (Quelle: BFE, Elektrizitätsstatistik)

    

Was die Initiative will

Die Initiative will in der Verfassung festschreiben, dass keine neuen KKW mehr gebaut werden dürfen und die Laufzeit der bestehenden KKW begrenzt wird. Beznau I müsste ein Jahr nach Annahme der Initiative abgeschaltet werden, die anderen vier KKW 45 Jahre nach Inbetriebnahme. Bei Annahme der Initiative greift der neue Verfassungsartikel sofort – es muss also nicht zuerst ein Gesetz zur Umsetzung verabschiedet werden: Drei der fünf KKW müssten 2017 abgeschaltet werden.

Die Initiative verlangt zudem, dass der Bund seine Energiepolitik auf Energiesparmassnahmen, auf effiziente Energienutzung und auf erneuerbare Energien ausrichtet. Darauf ist auch die Energiestrategie 2050 ausgelegt.

    

Die Argumente des Bundesrates

Der Bundesrat lehnt die Initiative insbesondere aus folgenden Gründen ab:

Sicherheit im Zentrum

Die Schweizer KKW dürfen heute so lange laufen, wie sie sicher sind. Sicherheit hat oberste Priorität. Die Betreiber müssen ihre Anlagen stets auf den neuesten Stand nachrüsten. Dies wird vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) überwacht. Die heutige Lösung hat sich bewährt. Es gibt keinen Anlass für eine Änderung.

Abschaltfrist ist zu knapp

Die Initiative berücksichtigt nicht, dass es Zeit braucht, den KKW-Strom grösstenteils mit Schweizer Strom aus Wasser, Sonne, Wind oder Biomasse zu ersetzen. Es ist nicht möglich, bereits 2017 genug einheimische erneuerbare Energie zu produzieren. Für die Bewilligung, Finanzierung und Erstellung der nötigen Anlagen braucht es deutlich mehr Zeit.

Abschalttermine gemäss Initiative
Beznau I Beznau II Mühleberg Gösgen Leibstadt


2017


in Betrieb seit:

1969


2017



1972


2017



1972


2024



1979


2029



1984

Höhere Abhängigkeit vom Ausland

Die Initiative würde die Abhängigkeit vom Ausland erhöhen: Eine übereilte Abschaltung führt dazu, dass bedeutend mehr Strom aus dem Ausland importiert werden muss. Schweizer KKW-Strom würde mehrheitlich durch ausländischen KKW-Strom und Strom aus umweltbelastenden Kohlekraftwerken ersetzt.  

Versorgungssicherheit wird gefährdet

Durch massiv mehr Stromimporte droht zudem eine Überlastung der Schweizer Netzinfrastruktur. Um dies zu vermeiden, müsste die Netzinfrastruktur rasch genug ausgebaut werden können. Die notwendige Verstärkung der Netzinfrastruktur braucht aber Jahre und ist aufwendig und teuer. Die Initiative gefährdet deshalb unsere Versorgungssicherheit.

Finanzielle Risiken für Bund und Steuerzahlende

Mit einer Begrenzung der Laufzeiten werden die Spielregeln grundlegend geändert. Die Betreiber könnten Investitionen nicht amortisieren, die sie im Vertrauen auf das geltende Recht und gestützt auf die unbefristete Betriebsbewilligung getätigt haben. Es wurden darum bereits Entschädigungsklagen in Milliardenhöhe angekündigt. Sind diese erfolgreich, so müssten der Bund und damit letztlich alle Steuerpflichtigen diese Entschädigungen bezahlen. Es besteht zudem die Gefahr, dass die Steuerpflichtigen auch einspringen müssen, falls die KKW-Betreiber wegen der verkürzten Laufzeit nicht mehr genügend Geld für die Stilllegung und Entsorgung aufbringen können.

Umbau der Energieversorgung braucht Zeit

Die Initiative weckt falsche Hoffnungen, denn der KKW-Strom lässt sich nicht so rasch und einfach durch sauberen einheimischen Strom ersetzen. Tatsache ist: Der Umbau unserer Energieversorgung braucht Zeit. Der Bundesrat setzt auf einen Ausstieg aus der Kernenergie, der mit dem Ausbau der einheimischen erneuerbaren Energien Schritt hält. Mit einem übereilten Ausstieg aus der Kernenergie und forcierten Stromimporten ist der Schweiz nicht gedient.

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